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Deine Story / 06.06.2016

Matthias Hinrichs fragt: Warum gehst Du angeln?

Warum gehst Du eigentlich angeln? Eine Zeit lang konnte ich diese Frage nicht mehr klar beantworten. Das hat mir zu schaffen gemacht. Ich wollte wieder spüren, warum ich all das tue, wollte das Gefühl zurück gewinnen. Das gewisse Etwas, das Feuer, das mich ans Wasser treibt, seit dem ich fünf Jahre alt bin.

Hauptsache es beißt

Mein Vater nahm mich vor über 30 Jahren das erste Mal mit zum Angeln. Ich werde es nie vergessen, dass Gefühl von Abenteuer, wilden Tieren und dem Ungewissen. Was wird passieren? Fangen wir was? Und wenn ja, was und wie viel? Fragen über Fragen brannten sich in mein noch junges Hirn. Aber eines wollte ich von Anfang an: draußen sein, besser werden und fangen. Egal wie schwer, egal wie viele.

Ich war jedes Mal vor dem Fischen so aufgeregt, dass ich die Nacht vor dem traditionellen Sonntagvormittag-Angeln mit Opa und Papa kaum schlafen konnte. Oft sehe ich mich noch heute vor dem geistigen Auge, mit der Stippe oder dem Winkelpicker am Ufer stehend, nach Spuren unserer schuppigen Freunde Ausschau halten.

Dieses unverbrauchte, fischwillige Gefühl, der Natur verbunden zu sein, jetzt kann ich es endlich wieder empfinden und erleben. Doch was war in der Zwischenzeit geschehen?

Wer fängt wo?

Im Jahr 2013 fing alles für mich mit Facebook an. Zunächst die guten Seiten des sozialen Netzwerkes: Ich habe diverse Angelfreunde gefunden, die mich angeltechnisch sehr voranbrachten. Ich konnte mein Hobby dank Sponsoring finanzieren. Ich habe vieles preisgegeben aber dadurch auch vieles verloren.

Man kann das soziale Netzwerk einerseits gut nutzen, ist es doch auch ein riesiges Fangbuch, das uns Fänge aus der ganzen Welt präsentiert und uns mitgelieferte Informationen für das eigene Angeln nutzen lässt. Andererseits raubte es mir nach und nach aber den eigentlichen Grund dafür angeln zu gehen.

Der Druck steigt

Ein beklemmendes Gefühl entstand. Mein Hobby entwickelte sich mehr und mehr zu einem Wettlauf, zu einem Vergleich. Wer fängt wo und wie es bei anderen läuft, war plötzlich genauso wichtig, wie mein eigenes Angeln. Ich verspürte Druck, machte mir Druck, wollte, musste, durfte und konnte. Ich hatte nur von außen auferlegte Ziele - dabei sind die eigenen so viel wertvoller!

Zurück zu den Wurzeln

Heute freue ich mich, mich im echten Augenblick zurückerinnert zu haben, wie alles begann, worum es eigentlich mal ging. Das hat mich wieder minimalistischer werden lassen. Nicht nur beim Tackle, das heute wie früher wieder auf das Nötigste reduziert ist, sondern auch was meine Ziele angeht.

Heute will ich mir keinen großen Druck mehr auferlegen. Vor einigen Jahren setzte ich mir regelmäßig Ziele, seien es bestimmte Zielfische oder Gewässer, die es zu knacken gab. Heute weiß ich mit dem selbst auferlegten Druck umzugehen, versuche ihn zu meiden, so gut es in unserer heutigen Gesellschaft eben möglich ist.

Klar, Druck kann hilfreich sein, doch der Fokus auf ein Ziel, kann uns auch hindern, richtig zu agieren. Wir laufen quasi Gehirnschwanger umher – ständig getrieben von auferlegter Motivation, Druck und Stress. Wir arbeiten ständig daran, alles richtig zu machen, doch eigentlich machen wir alles falsch. Wir haben uns verlaufen, verrannt in einem Gedanken, der nicht mal greifbar ist.

Ich muss, ich will, ich kann mein Ziel erreichen?! Das Gedankengut hatte ich vor wenigen Jahren auch noch. Das Angeln machte mir keinen Spaß mehr. Ich war ausgelaugt, ausgebrannt, steuerte ohne Navigation…

Nehmt den Druck raus!

Ob mit Sponsor oder ohne Sponsor, großen Zielen oder kleinen: Ohne Druck am Wasser vorzugehen, heißt automatisch besser zu fischen. Und darum geht’s doch oder? Wir wollen unsere kostbare Freizeit genießen, ohne Stress, Druck, Neid und Missgunst.

Es liegt an uns, unsere Szene zu bewahren, alte Tugenden aufrecht zu erhalten. Nicht das Gewicht steht an oberster Stelle, sondern der Respekt vor der Kreatur.

Meine Motivation: Spaß!

Meine Motivation ist heute nur noch möglichst viel Spaß am Wasser zu haben. Nein, ich rede hier nicht von Gemeinschaftssessions mit Bierkasten und Grill, ich rede vom puren Angeln: Rausgehen und genießen. Um dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, habe ich ein Minimal-Prinzip: Ich will einmal pro Monat einen guten Fisch fangen. Was gut ist, definiere ich selbst. Für manche scheint das lachhaft, doch für mich, der viele Zielfische verfolgt hat und auch alle fing, bedeutet das ein wahrhaft entspanntes Fischen.

Ich fühle mich frei und gelassen - auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Ich lebe und ich liebe, eine Ode an unser Hobby. 

Mein Rat: Bleibt frisch im Kopf, lasst euch nichts vormachen. Keiner fängt nur fette „Stiernacken“. Der Weg ist das Ziel, nicht andersherum. Lebt euer Hobby ohne Druck und ganz wichtig: habt Spaß dran!

Ich denke, also bin ich,

Matthias Hinrichs

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Partner
Florian Woldt fängt den Fisch seines Lebens.