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#Bildsprache / 04.11.2018

#BILDSPRACHE - Geschichten in Bildern von Christopher Paschmanns

Fotografie ist persönlich, künstlerisch, Selbstverwirklichung. Sie ist mir wichtig – fast so wichtig wie gutes Angeln. In dieser Kolumne erzähle ich die Story zum Foto und wie es entstand. Ich gebe Dir also auch die anglerischen Hintergründe, Ansichten und taktischen Finessen mit auf den Weg. Von #bildsprache wünsche ich mir, dass Dich diese Kolumne inspiriert, am Wasser weiterbringt und Dir Anregungen für gute Fotos liefert.  

„A good photo..what is a good photo? It’s one that makes me stop and stare, instead of carrying on scrolling...“ Ein gutes Foto lässt mich innehalten und schauen, statt weiter zu scrollen – sagt Oli Davies, Media Produzent mit Foto- und Videokamera bei Nash. Und bezieht sich dabei auf seine Art, Instagram und Facebook zu nutzen - die Plattformen, über die wir hauptsächlich Bilder konsumieren. „Davies drückt ab“ heißt seine Foto-Tutorial-Serie bei Carpzilla+. Und sein Zitat bringt es auf den Punkt: Es gibt kein echtes Regelwerk für gute Angelfoto. Ob wir an einem Bild kleben bleiben, hängt von unserem Geschmack, unserem Interesse ab. Doch natürlich können wir uns an soliden Richtlinien orientieren, es darauf anlegen, ein gutes, kreatives Bild zu gestalten. Dazu ist etwas Knowhow, vor allem aber Feeling nötig. Und das lässt sich, wie „Watercraft“, entwickeln: durch Interesse und Erfahrung.

Christopher Paschmanns fotografiert einen 53 Pfund Karpfen für Michael Friedmann in Österreich.

Hinter jedem Foto verbirgt sich eine Geschichte. Dem Fotografen, dem Erschaffer des Motivs, genau wie dem Fänger des Fisches auf dem Foto, wird sein Bild diese Geschichte immer wieder erzählen. Uninteressante, gewöhnliche Fotos stoßen nicht auf öffentliches Interesse. Das soll sie nicht abwerten. Doch wer heutzutage etwas zu sagen hat, der drückt sich am besten zunächst in Bildern aus. Denn an den Geschichten, die sich hinter guten Fotos verbergen, haben alle Interesse. Und ist das erst erweckt, darf erzählt werden.

Herbststimmung am Baggersee beim Karpfenangeln.

Unschärfe im Vordergrund...

...macht das Bild gesund. Gefällt Dir das Motiv? Warum? Die Unschärfe im Vordergrund ist eines der wichtigen stilistischen Elemente des Motivs. Sie erweckt es erst zum Leben. Dadurch wirkt der herbstliche Waldhintergrund mit den Morgenfarben dieser Jahreszeit nicht platt, die Unschärfe rahmt ihn regelrecht. Unschärfe funktioniert fast immer, wenn sie dem Hauptmotiv (hier Herbstwald) nicht den Raum nimmt. Hier bringt sie zudem Spannung rein, denn sie lässt dem Betrachter Raum für Interpretation: Besteht Hoffnung auf einen Biss beim Einpacken? Wurde ein Fisch angeworfen? Es kann jede Sekunde passieren! Das Foto ist mit 16mm Brennweite (Vollformat), also im Weitwinkel aufgenommen. Dadurch entsteht die räumliche Wirkung mit einem Element der Verzerrung. Das ist nicht voll realistisch und genau darum funktioniert es bei solchen Landschaftsmotiven gut – es ist ungewöhnlich und weckt Interesse.

Weniger ist mehr!

Ganz anders bei Fischfotos! Angelfotografie unterliegt ganz sicher Trends, keine Frage. Doch die „Finger-Verstecken-Weitwinkel-Fotos“ im Go Pro-Stile sind wirklich von gestern, Trend hin oder her. Jeder, der sich auf diese Art seine 20pfünder zu 40ern „gemacht“ hat und wundert, dass der 50er kaum anders aussieht, wird selbst zu dieser Meinung gekommen sein. Ich habe anfangs auch versucht, alles rauszuholen – in Sachen Brennweite und dargestellter Fischgröße. Heute kann ich mir diese unrealistischen Fotos kaum mehr ansehen. Und so geht es sicher vielen. Schon schräg, wenn man bedenkt, dass eines der Idole vieler Karpfenangler meiner Generation für die klassischen 35mm (bzw. 50mm bei Vollformat – dazu später mehr in einer Folgekolumne) Fotos steht: Terry Hearn, Kultangler und Autor der Bücher „In Pursuit oft he Largest“ und „Still Searching“.

Beispiel für ein schlechtes Weitwinkelfoto von Christopher Paschmanns.Realistische Darstellung eines 13-Kilo-Schuppenkarpfens von Gerrit Wilms.

Dieses Beispiel oben verdeutlicht im Extrem, was ich meine: Ich fotografierte den rund 13 Kilo schweren Schuppi von Kumpel Gerrit Wilms in 16mm und 35mm (Vollformat). Während das 16mm Bild eine irrwitzige Verzerrung darstellt ist die 35mm Version mit etwas Luft um Fisch und Fänger eine realistische, authentische und interessante Darstellung des Fisches. Und das soll sie doch auch sein. Viel mehr zu Brennweiten und Blenden gibt’s in den nächsten Kolumnen. Jetzt möchte ich Dir endlich die Geschichte hinter meinem Herbstbild erzählen!

Die wahre Geschichte

Die Arbeit am Buch WASSERMANN und natürlich Carpzilla +, zwei Kinder zuhause und eine arbeitsreiche Zeit meiner Frau Denise, die als Lehrerin eine eigene 1. Klasse zu leiten hat, schränkten mein Angeln im Oktober sehr ein. Das Bild steht stellvertretend für genau diese Situation: kurze Sessions, mobiles Angeln. Nachdem ich meinen Sohn in den Kindergarten brachte, fuhr ich in der Hoffnung auf die schnelle Chance an diesen Baggersee. Ein wundervoller Morgen, goldener Oktober wie aus dem Bilderbuch. Doch die mobile Art zu angeln passt nicht gut in den Herbst. Denn die Fische legen selten so große Strecken zurück wie im Sommer, sie bevorzugen tieferes Wasser, springen und buckeln weniger und verraten sich so auch seltener. Bei der Platzwahl konnte ich mich also nicht auf Fische, aber auf meine Erfahrungen verlassen.

Andreas Hetzmannseder von Korda Europe mit Karpfen.Andreas Hetzmannseder mit Spiegelkarpfen.Andreas Hetzmannseder von Korda Europe freut sich.

Tauchgang

Im Juli angelte ich eine Nacht zusammen mit Andi Hetzmannseder, meinem Nachfolger bei Korda, in einem Seebereich, mit dem ich bis dato wenig Erfahrung hatte. Andi, als Gast, fischte in den Seeteil, wo sich Fische zeigten. Ich suchte mit Brille, Flossen und Schnorchel nach Features. Eine Tiefenkarte verriet eine interessante Landzunge, die sich weit ins Gewässer zog. Doch der Tauchgang entlarvte sie als Sandwüste, kein bisschen Kraut, nur harter Sandboden. Dahinter aber, deutlich tiefer gelegen, war der Grund weich und übersät mit Fraßlöchern. Ich platzierte dort per Hand die Markerpose, füttere großflächig darum herum, merkte mir die Horizontpeilung, clippte die Schnur, längte sie ab und übertrug sie auf die Angelrute. So konnte ich auch ohne Tauchgang präzise und bei Nacht den Spot treffen. Und er brachte mir in kurzer Folge Fische mit 14,8 und 20,2 Kilo!

Keep it real

Andi lichtete mir die Fische mit 50mm Brennweite im Vollformat ab, 2.8er Blende. Was genau es mit Blenden, Brennweiten und ISO-Zahlen auf sich hat, erläutert Dir Oli Davies in seinen Tutorials. Doch den Effekt siehst Du bestens auf den Bildern: Durch den in Unschärfe rückenden Hintergrund (Bokeh: unscharfe Gebiete des Fotos) wird der Fisch noch hervorgehoben. Es ist dabei wichtig, in nicht zu weit vom Körper zu strecken. Dadurch ist der Angler, vor allem sein Gesicht, noch scharf genug. Und wir erzeugen eine realistischere Darstellung der Größe des Fisches. Besonders einem halbstarken Fische wie dem 29pfünder tut diese Präsentation gut. Bei richtig großen Karpfen kommt die wahre Größe dadurch auch noch besser zur Geltung. Dazu folgen noch Beispiele und das nur am Rande. 

Christopher Paschmanns mit einem 29 Pfund schweren Spiegelkarpfen.Ungewöhnliche Aufnahme eines 20-Kilo-Karpfens von Christopher Paschmanns in seiner Fotokolumne auf Carpzilla.

Christopher Paschmanns mit einem 20-Kilo-Karpfen in seiner Fotokolumne Bildsprache auf Carpzilla.

Das passierte

Jedenfalls hatte ich diesen interessanten Bereich noch im Hinterkopf und verteilte dort drei Pop Ups an Multi Rigs, darüber zwei Hände voll 16-Millimeter-Boilies. Ich hatte nur wenig Zeit, baute keine Bissanzeiger auf und legte die Ruten aufs Gras. Und tatsächlich lagen nur Minuten vor dem Foto, das im Zentrum dieser Kolumne steht, noch drei nebeneinander: Die linke lief ab! Von dem etwa zehn Kilo schweren Spiegler machte ich kein Bild, doch ich freute mich sehr über den Fisch. Die Ruten aber lichtete ich ab und es entstand das Bild, das Du hier siehst. Für mich erzählt es meine Geschichte von diesem Morgen besser als es ein Fischfoto könnte. Die nächste hingegen wird ein Fischbild im Zentrum haben, so viel sei verraten. Ein ganz besonderes noch dazu...

Herbststimmung am Baggersee mit Karpfenruten.

Du bist gefragt

Wie gefällt Dir, was Du gelesen hast? Möchtest Du mir Anregungen geben, hast Kritik? Ich freue mich über ein Feedback, zum Beispiel per Nachricht bei Facebook oder Instagram. Oder einfach direkt an kontakt (at) carpzilla.de Ich mache das hier für Dich und würde mich freuen, wenn Du es mit gestaltest!

Grüße, Christopher

Sonnenaufgang am Baggersee beim Karpfenangeln. Christopher Paschmanns Fotokolumne bei Carpzilla.

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