#BILDSPRACHE - Geschichten in Bildern von Christopher Paschmanns: ungewöhnliche Begegnungen
Fotografie ist persönlich, künstlerisch, Selbstverwirklichung. Sie ist mir wichtig – fast so wichtig wie gutes Angeln. Und sie ist Teil meines Berufes - eben auch so, wie das Angeln. Gut, dass beides immer wieder Gelegenheiten für ungewöhnliche Begegnungen bietet.
Der Weg ist das Ziel
Das Angeln ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Damit können sich hier sicher viele identifizieren, nicht wahr? Doch bei mir ist es auch beruflich bereits seit Jahren fest mit meinem Alltag verflochten. Oft genug habe ich für die Kamera geangelt – zum Beispiel für Videoproduktionen oder Fotofeatures. Genauso regelmäßig aber habe ich Regie bei Drehs geführt oder war derjenige an der Fotokamera. Auch dabei aber ergeben sich Angelmöglichkeiten. Manchmal solche, die ich sonst nicht wahrgenommen hätte...
Ungewöhnliche Begegnungen
In der Angelbranche sind die besten Kameraleute und Fotografen solche, die ihr Angelinteresse dem kreativen Drang an der Kamera unterstellen. Und darum gehöre ich ganz sicher nicht dazu! Ich bin Angler und es kribbelt einfach in den Fingern, wenn ich am Wasser bin! Wann immer sich die Möglichkeit ergab, selbst ein Rig ins Wasser zu bringen, obwohl ich nicht zum Angeln vor Ort war, habe ich diese also genutzt! Und so kam es zu ungewöhnlichen Begegnungen, die anders kaum möglich gewesen wären.
Mitten in Eindhoven
Kevin Diederen macht den Job für Korda Benelux, den ich für Deutschland hatte – entsprechend häufig waren wir auch zusammen am Wasser, meistens, um Session- oder Produktfotos zu machen. Ich hatte ihm die Fotos für ein Stalking-Feature an einem Parksee unweit von Eindhoven in den Niederlanden gemacht und bevor ich mich auf den Heimweg machte, wollte er mir noch etwas zeigen: „Die Brückenkarpfen der City!“
Ich fuhr ihm nach und vor einer kleinen Stadtbrücke bog er rechts ab, um zu parken. Schon aus dem Fenster sah ich neben der Straße den kleinen, kaum 30 Zentimeter tiefen Graben fließen. Hier soll es Karpfen geben? Kevin stieg aus und deutete mir an, mich unauffällig zu bewegen. Wir schlichen zur Brücke, schauten hinüber und tatsächlich: Dort unter dem Gemäuer war das Wasser knapp einen halben Meter tief und ich erkannte ein paar Schuppis, einen Spiegler und einen Koi. „Bock auf einen Stadtkarpfen?“, wollte Kevin wissen. Auf jeden Fall!
Zehn Minuten später hielt ich vor der Brücke einen kleinen Schuppi hoch, der sich den kleingeknibbelten Boilie am simplen Knotless Knot Rig sofort einverleibte. Eine coole Erfahrung und eine Begegnung, die ich sonst nicht erlebt hätte.
Forellenseekarpfen
Wer eigentlich nicht zum Angeln vor Ort ist, sucht sich die Gelegenheiten am Rande und zieht Möglichkeiten in Betracht, die einem sonst nicht auffallen würden. So auch bei einer Session 2018 mit Daniel Brünkmans und Christoph Freuen am De Ronde Bleek in Holland. Dieses charmante, zwischen Forellenseen gelegene, kleine Gewässer wird kommerziell bewirtschaftet und erinnert eher an den gepflegten Privatsee eines Bauern. Christoph und Daniel angelten für die Kamera, ich führte Regie. Entstanden ist ein Beitrag für Masterclass 2019, der voraussichtlich im Februar erscheint.
Immer wieder schlenderte ich am Ufer des gegenüberliegenden Forellengewässers entlang und es dauerte nicht lange, bis ich Karpfen ausmachte. Kleine Fische, Satzer eben. Doch irgendetwas stimmte da nicht: Nach längerem Beobachten durch die Polbrille erkannte ich es: Zwischen gewöhnlichen Spieglern und Schuppis schwammen ein paar echte Perlen, handverlesene, vollbeschuppte Spieglerchen – richtig schön! Der Eigner berichtete mir später, dass diese Fische ab einer bestimmten Größe in sein Karpfengewässer gehen. Jedenfalls: Ich erkannte eine Chance!
Voll im Flow
Zuerst schnappte ich mir eine Rute aus dem Auto mit einem klassischen Bodenköderrig – obwohl die Fische meine Futtergaben aus Boilie-Krümeln und Partikeln sofort annahmen, das Set Up war viel zu grob für diese kleinen Karpfen. Also band ich schnell ein nur 5 Zentimeter kurzes Rig mit einem 8er Haken, dem kleinsten, den ich finden konnte, kombiniert mit dem leichtesten Blei, das ich auftreiben konnte, einem 1,5oz Wirbelblei. Und beköderte das Haar mit einem Krümelchen Boilie. Die Karpfen im flachen Wasser genau beobachten zu können und die Chance auf so ein hübsches Tier gaben mir einen echten Kick, ich war in diesem Flow, in dem ich alles um mich herum vergesse.
In der folgenden Stunde fing ich neben dem größten Schuppi des Trupps mit vielleicht 9 Kilo noch einen unauffälligen Spiegler und dann endlich diese Perle, die ich haben wollte. Den Fisch noch im Kescher lief ich zum Camp der Jungs und staunte nicht schlecht: Ich hatte durch mein Stalkingabenteuer verpasst, wie Christoph bei einem Doppelrun neben einem schönen Schuppi den größten Fisch des Sees fing, den „Baron“ mit knapp 25 Kilo! Krass, oder? Da saß der Herr Freuen, zwei Kescher voller Fisch vor sich, ein Grinsen von Ohr zu Ohr, in seiner Wathose am Ufer und war glückselig. Für meinen Fully hatte keiner echtes Interesse... Der Italiener Riccardo, vor Ort, um für seine Zukunft als Kameramann Praxiserfahrung mit einem DVD-Dreh zu sammeln, erbarmte sich, mir Fotos des hart erarbeiteten Kärpfleins zu machen.
Und diese Ereignisse im Hinterkopf schaue ich mir die Bilder des Fisches immer wieder gerne an. Sie führen mir auch vor Augen, wie relativ das Empfinden ist, wie viel Spannung und Bedeutung in den kleinen Dingen liegen kann und was doch alles in einem Moment geschieht.
Bis zum nächsten Mal,
Christopher Paschmanns
Abonnieren
Jahres-Abo Carpzilla+
€ 9,95 /Monat
- Spare monatlich 20%
- Zugang zu allen Carpzilla+ Web-Inhalten
- Fette Rabatte bei vielen Partnern und Shops
- Zugang zu exklusiven Mitglieder-Gewinnspielen
- Exklusive Offline-Vorteile
- Inklusive gedrucktem Jahresmagazin
- Carp Club Karte
- Monatlich bezahlen
- Abo-Laufzeit: 12 Monate