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#Bildsprache / 07.04.2020

#BILDSPRACHE - Interviews: Kevin Diederen

Kevin Diederen ist der Marketing & Media Manager für Korda Benelux. Er hat zu meiner Zeit bei Korda die Fotografie deutlich vorangetrieben und mich sehr stark beeinflusst. Bevor ich Kevin kennenlernte, wusste ich nicht, wie ich Blende, Brennweite & Co. für die Wirkung meiner Bilder einsetzen kann. Ich habe mir den Niederländer aus Eindhoven-City für ein Interview geschnappt.

Christopher: Hey Kevin, ich kenne dich seit ein paar Jahren und weiß einiges über deine Hintergründe. Unsere User aber vielleicht nicht. Erzähl doch mal, wo kommst du her? Hast du dich schon vor deiner Zeit bei Korda mit Medien und Fotografie auseinandergesetzt?

Kevin: Als Kind liebte ich Angelmagazine! Anstatt Hausaufgaben zu machen, las ich lieber die Artikel und checkte die Fotos so richtig im Detail aus. Doch mein Weg in die Fotografie war letztlich ein ganz anderer:

Ich arbeitete in der niederländischen Armee und war gerade 18 Jahre alt, als ich von einem Einsatz aus Afghanistan zurückkehrte. Vor dieser Sache hatte ich eine Freundin, doch die Beziehung hielt der Anspannung nicht stand. Als Single zurück in Holland entdeckte ich schnell House und Techno Partys für mich. Am Anfang war es nur das Tanzen und die Musik. Später dann traf ich immer wieder eine Gruppe von Eventfotografen auf den Partys und wir freundeten uns an. Sie machte abgefahrene Bilder des Nachtlebens in den Clubs. Es dauerte nicht lange, bis ich mir selbst meine erste DSLR Kamera kaufte und mich mit der Sache auseinandersetzte.

Mit der Zeit lernte ich mehr und mehr dazu und hatte das Glück, dass mir einige erfahrene Eventfotografen unter die Arme griffen. Und ehe ich mich versah, reiste ich durch ganz Benelux und machte Fotos auf Events jeder Größe. Schon verrückt, unter der Woche arbeitete ich bei der Army, am Wochenende tigerte ich über Festivals und House Partys mit meiner Kamera – immer auf der Suche nach dem besten Foto.

Christopher: Cool, es begann also mit den Events. Wie lässt sich das jetzt mit Angeln vereinbaren?

Kevin: Es war einfach ein guter Kontrast! Und bei beidem, auf den Partys und natürlich beim Angeln erlebte ich eine Freiheit. Mit dem, was ich in den Clubs gelernt hatte, versuchte ich natürlich auch gleich, bessere Bilder vom Angeln zu machen. Und ich fing an, für die Magazine meines Landes zu schreiben. Darauf wurden einige Leute bei Korda aufmerksam und sprachen mich an. Ich wurde einer der Teamangler. Irgendwann war es dann einfach soweit, ich beendete meine Karriere beim Militär und konzentrierte mich voll auf die Fotografie. Ich machte mehr und mehr in der Angelindustrie und kombinierte das weiterhin mit meinen Party-Shoots.

Nach rund einem Jahr kontaktierte mich Korda Europe mit einem Jobangebot und ich entschied mich dafür. Über die Jahre änderte sich meine Rolle dort und die Arbeit wurde intensiver. Mit der Nachtleben-Sache hörte ich deshalb auf – die Musik aber liebe ich immer noch und gehe gerne dazu feiern!

Christopher: 50mm Linsen auf Vollformatkameras, mehr Hintergrund, um einen Kontext zu liefern – das ist das Ding heutzutage. Doch du hast schon so fotografiert, als wir uns 2013 das erste Mal im Korda-Büro trafen. Wer hat dich damals inspiriert?

Kevin: Ich habe schon immer übers Angeln gelesen und natürlich besonders übers Karpfenangeln. Ganz besonders die Bücher und Artikel von Terry Hearn haben mich sehr inspiriert. Aber auch Chris Yates hat mich sehr beeinflusst. Was die Fotografie angeht, so gefielen mir immer die Bilder von Terry sehr gut. Dieser natürliche Look, die Tiefenschärfe. Und verglichen mit dem, was ich aus den Niederlanden kannte waren da keine aufgeblähten Wale statt Karpfen auf den Bildern, sondern schöne, natürliche, authentisch wirkende Tiere. Und so nahm ich auch mein Angeln wahr. Ein 15-Kilo-Karpfen sieht nicht aus wie ein Mini-Van! Also warum sollte man wollen, dass es auf dem Bild so wirkt? Mir gefielen jedenfalls schon immer die natürlich wirkenden Bilder besser. Ich möchte eine Erinnerung festhalten, einen Moment einfrieren, nicht eine Illusion!

Christopher: Schön gesagt, woher nimmst du heute deine Inspiration für Fotos?

Kevin Diederen: Heutzutage laden so viele gute Fotografen ihre Bilder auf Instagram hoch. Diese App ist wohl meine größte Inspirationsquelle für coole Bilder. Doch genauso schaue ich mir auch immer Filme an, als wären sie Bilder. Ist ja auch so, jeder Frame eines Films ist im Grunde ein einzelnes Bild. 

Über die Jahre habe ich viele gute Jungs an der Kamera getroffen und bei Korda haben wir einige sehr talentierte Leute, mit denen ich regelmäßigen Austausch pflege. Natürlich haben auch andere Brands top Fotografen und Videografen, die super Jobs machen. Und mir gefällt insbesondere einiges von dem Zeug, dass ich im Magazin Carpology sehe. 

Christopher: Oli Davies hat mal kommentiert, ein gutes Foto lässt mich innehalten und es anstarren, anstatt weiterzuscrollen. Was, mal abgesehen von Mädels (Insider) lässt dich innehalten?

Kevin: Mal abgesehen von Mädels? Hmmm, Frauen! (lacht) Nein, mal ehrlich, ein Foto kann technisch Müll sein, aber dennoch insgesamt wunderbar! Es muss eben den Moment festhalten und eine Geschichte erzählen. Und das kann auch etwas sehr persönliches sein. 

Für mich ist ein gutes Bild gut belichtet, schön gerahmt und der Focus liegt da, wo er hingehört. 

Und ich habe so einen Art Hass auf diese Hypes: Zum Beispiel einen Karpfen fürs Foto auf dem Knie auszubalancieren, und ihn so der Gefahr auszusetzen, herunterzufallen. Oder ein Bild extra unterzubelichten, um den Fisch dunkler aussehen zu lassen geht für mich gar nicht. Übertriebene Filter passen da auch mit rein bei den No-Gos. Wenn das echte Bild mich nicht stoppen lässt, dann wird es so eine Trick-Fotografie ganz sicher nicht schaffen. 

Christopher: Dein Kamera Set Up, wenn du nur eine schnelle nacht angeln gehst?

Kevin: Die letzten Jahre war ich sehr zufrieden mit meiner Canon 6D MK I – eine leichte Vollformatkamera, auf die ich mich voll verlassen konnte – ohne Schnickschnack. Und bezahlbar, für eine Vollformat. Erst kürzlich bin ich auf die MK II umgestiegen, da mir leider vieles von meinem Stuff gestohlen wurde. 

Meine Canon 50mm 1.4 Linse habe ich immer dabei. Ich hatte mal die L 1.2 Version, aber die ist im Grunde nur schwerer und extrem viel teurer – das ist es nicht wert, also habe ich sie verkauft. Sehr wichtig ist mein Fernauslöser, da ich meistens alleine am Wasser bin und meine Fänge selbst ablichten muss. Ein externer Blitz macht die Ausrüstung komplett. 

Eine weitere Linse, die ich sehr gerne und oft nutze ist die 100mm L-Serie Macro. Sie ist wunderbar für Macro-Bilder, aber auch für Portraits. Die meisten die ich kenne bezeichnen diese Linse als ihre beste Anschaffung überhaupt – das kann ich unterstreichen. 

Christopher: Wie sieht dein liebstes Kamera Set Up für ein Fangbild aus, beziehe auch den Hintergrund mit ein. Angefangen von der Blende und der Rahmung des Bildes…

Kevin: Hm, das hängt wirklich davon ab… Tagsüber, also mit Licht, schaue ich mich sehr genau um. Was gibt es für den Hintergrund, das dem Bild Kontext gibt? Oder was sollte nicht im Bild sein, da es Aufmerksamkeit raubt? Danach wähle ich Hintergrund und Blende. Wenn ich die Blende voll öffne, wird vom Hintergrund nicht viel überbleiben. Also geht die Aufmerksamkeit automatisch zum Motiv. Wenn ich etwas im Hintergrund hervorheben möchte, nehme ich lieber etwas vom Bokeh. Ein angenehmes, natürliches Licht auf dem Fisch ist mir auch wichtig. Also suche ich nach Bereichen ohne Schattenflecken. 

Christopher: Als Eventfotograf hast du ein gutes Gefühl für Licht und wie man es einsetzt. Gibt es Effekte, die Karpfenangler, die sich an der Kamera verbessern wollen, mehr nutzen sollten?

Kevin: Heute siehst du viele, die mit Lichtern für die Nachtbilder arbeiten, statt mit einem Blitz. Das ist verständlich, denn letztlich ist es einfach zu machen. Du siehst eben, was du tust, ohne den Blitz dafür auslösen zu müssen. Aber es zwingt dich dazu, mit einer bestimmten Auslösezeit zu arbeiten. Und ist diese zu niedrig, daref sich im Bild erst recht nichts bewegen, sonst kannst du ein scharfes Motiv vergessen. Da sehe ich bei vielen noch Lernbedarf.

Eine Sache, mit der ich gerade in den Clubs sehr gerne gearbeitet habe ist etwas, dass wir „ziehe die Belichtung“ genannt haben. Ich habe meistens in sehr dunklen Räumlichkeiten gearbeitet, immer wieder glühten die Flashlights auf. Um unter diesen Umständen Licht ins Bild zu bekommen, bist du gezwungen, mit langen Belichtungszeiten zu arbeiten. Und mit sich bewegenden, tanzenden Menschen ist das die Katastrophe. Mit einem Dreibein und langer Belichtungszeit bekommst du nicht mehr aufs Bild als eine wabernde Masse. Doch ich habe gelernt, dass du einen harten, direkten Blitz dazu nutzen kannst, das Motiv scharf abzubilden, obwohl du eine lange Belichtungszeit nutzt. So brennst du das Motiv förmlich aufs Bild, auch wenn du die Kamera frei in der Hand hast. Eine Sekunde Belichtung mit einer 2.8er Blende und 1600er ISO waren da keine Seltenheit. Aber über den Blitz bekam ich dann trotzdem scharf, was ich wollte!

Vieles davon war Trial & Error, Versuch macht klug. Und ich begann, damit zu spielen, die Kamera dabei noch zu bewegen, oder sogar rein- und rauszuzoomen. Dadurch kamen ein paar echt coole Bildeffekte zustande.

Lässt sich das auf Angelbilder ummünzen? Ja! Zum Beispiel bei einem Set Up in der Nacht mit etwas Licht im Hintergrund. Dann kann man ähnlich arbeiten und noch Effekte erzielen, die kaum einer auf Instagram einsetzt!

Christopher: Damit habe ich auch bereits gespielt, sehr cool! Was ist dir wichtiger, ein gutes Bild oder die Größe des Fisches?

Kevin: Oh, was sagt denn schon die Größe des Fisches? Nicht viel, oder? Ich war noch nie so der reine Big Carp-Typ. Ich liebe es noch heute, auf Zwanzigpfünder oder so zu angeln, wenn die Fische schön sind oder das Angeln an sich Spaß macht – zum Beispiel beim Stalken. Ja, mir liegt es mehr, auf hübsche Fische unter ansprechenden Umständen zu angeln und davon Erinnerungen zu sammeln. 

Christopher: Klingt gut! Gute Bilder geben eine Qualität. Aber sie können auch Hintergründe „vertuschen“. Damals war es leichter, die Monsterfische aus zwielichtigen Paylakes zu identifizieren. Heute werden auch die in Top-Fotos festgehalten. Und einige Insta-Influencer reisen nach Kroatien & Co, fangen haufenweise Monster und überfluten damit die sozialen Medien – überspitzt formuliert. Was denkst du darüber?

Kevin: Das gute am Karpfenangeln ist doch, dass es für so viele verschiedene Menschen so viel verschiedenes bedeutet. Ja, einige da draußen angeln auf Insta-Fame mit prall gefüllten Alben. Aber wenn es das für sie ist… Und ja, es gibt Gewässer, an denen der Weg zum Großfisch nicht so schwierig zu gehen ist. Aber hey, was soll’s. Am Ende des Tages ist doch ein großer Karpfen auch nur eine größere Version eines kleinen Karpfens. Ohne eine Story sind alle Bilder irgendwie wertlos, dann ist der eine Fisch nicht mehr wert als der andere – und auch nicht weniger. Das wichtigste ist doch, dass man genießt, was man macht und dahinter stehen kann, findest du nicht?

Christopher: Ja, da hast du recht! Um das hier abzuschließen, hast du noch ein paar Top Tipps für alle da draußen, die sich an der Kamera verbessern wollen?

Kevin: Die eine Sache, die jedem hilft ist, einen guten Blick für ein Motiv zu entwickeln. Klar, du kannst auch hunderte Bilder schießen und einfach mal Glück haben. Aber wichtiger als jede technische Kenntnis ist ein gutes Auge für Bilder. Arbeite daran und übe, versuche, das Ergebnis mit weniger Auslösungen zu erreichen. Und übertreibe es nie mit der Bearbeitung. Weniger ist mehr! Wenn dein Bildoriginal überzeugt, wird es mit wenigen Handgriffen im Editing durch die Decke gehen!

Mehr Fotoinspiration von Kevin gibt's auf seinem gut gepflegten Instagram-Kanal. Und aktuell ist er auch mit einer niederländischen Masterclass bei Youtube vertreten. Diese wurde übrigens in Deutschland gefilmt:

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