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Der Stalker / 03.05.2021

DER STALKER #4 - Was der März nicht mit sich brachte ...

Was der März nicht mit sich brachte, sollte auch im April lange auf sich warten lassen. Die kalten Temperaturen hatten uns alle fest im Griff - in der Mangel. Genauso wie dieser verfluchte Corona Virus. Eigentlich kann ich dieses Wort gar nicht mehr hören, wie höchstwahrscheinlich alle von uns. Die verhängte, nächtliche Ausgangssperre hatte mein Vorhaben an dem kleinen, verwunschenen See, an dem ich vor vielen Jahren diesen großen Schuppi fangen konnte, ins kalte Wasser fallen lassen. Der einzige Lichtblick war eine einzige Session Ende März – die letztmögliche Nacht des Monats. Gemeinsam mit meinem Freund und Arbeitskollegen Andi war es mir vergönnt, eine Nacht an einem Gewässer zu fischen, an dem ich sonst keine Chance hatte, Fuß zu fassen. Geprägt von viel Totholz und kristallklarem Wasser war es recht einfach, die nach Sonne eifernden Karpfen ausfindig zu machen. Ein Großteil der Fische hatte Einzug neben einem großen, ins Wasser ragenden Busch gehalten und genau da wollte ich eine meiner Ruten platzieren. Der Boden in diesem Areal war größtenteils frei, in Augenschein nahm ich allerdings eine Stelle keine 50cm vom Ufer entfernt. Seichtes Wasser, vom Ufer nur sehr schwer zu erreichen und drei große Fraßlöcher. Um diese Jahreszeit für mich Grund genug, hier eine Rute abzulegen! Großzügig verteilte ich einige Boilies um den kompletten Busch. Eine Extraportion kam zentriert auf diese kleine, unscheinbare Stelle in direkter Ufernähe. Ich war mir sooososoo sicher, dass es so klappen würde. Dass ich aus der Nummer mit einem Lächeln herausgehen würde, doch fangen wir mal ganz von vorne an…

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Mit hibbeligen Beinen saßen Andi und ich die letzten Minuten der Nachtschicht in der Messwarte und fieberten Sekunde für Sekunde dem Feierabend entgegen. Wir wollten los, ein Stück Freiheit genießen, leergefegte Futterplätze bestaunen und ein, zwei schöne Fische in den Armen wiegen. Geduscht wurde an diesem Morgen nur ganz schnell; ne Katzenwäsche sozusagen. Auf der Fahrt zum See hatte ich immer wieder die kleine, ufernahe, kahle Stelle im Kopf. Würden die Fische noch da sein? Haben sie das Futter gefressen, oder war es vielleicht ein Tick zu viel für diese Jahreszeit? Oh man, war ich aufgeregt! All die Fragen, all die Selbstzweifel lösten sich allerdings auf, als sich direkt bei unserer Ankunft ein guter Fisch in der Nähe des einen Busches aus dem Wasser schraubte und das spiegelglatte Wasser für einen Moment in Bewegung setzte. Zu halten war ich nun nicht mehr und noch ehe ich mein ganzes Hab und Gut für diese Session aus dem Auto räumte, befand ich mich auch schon mit starrem Blick und gezückter Rute auf meinem Boot. Ganz langsam ruderte ich dem Spot am gegenüberliegenden Ufer entgegen. Kurz bevor ich die Stelle erreichte, stellte ich mich hin und ließ mich die letzten paar Meter gleiten. Auch an diesem Morgen war das Wasser sehr klar. Fische konnte ich zwar keine ausmachen, aber das eingebrachte Futter war zu meiner Freude komplett weggefegt.

Ganz vorsichtig legte ich meinen kleinen 15mm Sinker auf den kiesigen Untergrund, verteilte zwei Hände voll Boilies und machte mich wieder auf den Rückweg. Auch die andere Rute fand ihren Platz. Die zweite Stelle, die ich vorgefüttert hatte, war eine kleine Landzunge, die sich einige Meter in den See hineinzog und ein klares Highlight in diesem eher Badewanne-gleichen Bereich darstellte. Auch hier verteilte ich einige Boilies und drei Kellen Partikel. Etwa zeitgleich trafen Andreas und ich wieder am Ufer an. Zeit für das wohlverdiente „Feierabendradler“! Wir genossen es, hier zu sein, diese Ruhe um uns herum, diese Freiheit… Unsere Müdigkeit war uns sicher anzusehen, immerhin sind 12h Nachtschicht schon nicht ohne, aber zumindest für meine Wenigkeit war an Schlaf nicht einmal ansatzweise zu denken. Ich war aufgedreht und mir sicher, dass es nicht lange dauern würde, bis meine „Buschrute“ losballern würde. Nach unserem Radler machte es sich Andi in seinem Schlafsack gemütlich. Ich hingegen lief umher, machte Fotos, filmte blühende Weidenkätzchen und die aufgehende Sonne.

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In dem Moment, als ich meine Buschrute im Visier und „scharf gestellt“ hatte, dröhnte auch schon mein Siren los. Zu meiner Verwunderung war es die Rute auf der kleinen Landzunge! Der erste Fisch der Session war direkt ein schöner. Lang, volle Power und sogar über 15kg schwer. Ich freute mich riesig. Nach dem ganzen Hin und Her in diesem Frühjahr hatte etwas Geplantes endlich funktioniert und das bereits nach ner halben Stunde am Wasser. Nach dem Ablichten des tollen Tieres ging plötzlich alles Schlag auf Schlag. Noch ehe ich die Rute wieder in Position gebracht hatte, lief auch schon die Buschrute los – und wäre das nicht schon genug, vernahm ich auch Andi im Augenwinkel mit durchgebogener Rute im Boot.

DER STALKER #4 - Was der März nicht mit sich brachte ...DER STALKER #4 - Was der März nicht mit sich brachte ... Wenn‘s läuft, dann läufts eben, nicht wahr? Der Übeltäter an meinem Busch entpuppte sich als kleiner Schuppi. Auch Andi hatte einen der Schuppis des Gewässers gefangen, was ein toller Einstand! Die Fische versorgt, machte ich mich wieder ans Auslegen der Ruten. Am Busch hatten sich wieder eine Handvoll Fische sehen lassen. Darunter ein richtig toller, dicker und vollbeschuppter Spiegler! So leise wie möglich positionierte ich meinen einzelnen Sinker wieder an der Uferkante. Diesmal allerdings gut einen Meter tiefer als zuvor. Klar und deutlich war da unten eine dicke Wurzel zu erkennen – neben ihr drei große Fraßkuhlen. Sicher hatte ich hier Fische am Platz und klar war auch, dass sie mein Futter angenommen hatten, dennoch spielen ein paar Zentimeter manchmal eine bedeutende Rolle. Ich hatte da unten neben dieser Wurzel einfach ein besseres Gefühl! In Anbetracht der vielen Fische fütterte ich etwas mehr. Wenn, dann sollte hier einer der Größeren beißen… Zurück an unserem Spot machte auch ich es mir in meinem kuscheligen Schlafsack gemütlich. Schlaf, ich brauchte unbedingt Schlaf! Und so lag ich da, mit geschlossenen Augen, versuchte krampfhaft, all die Gedanken, die ich hatte, auszublenden, sah aber ständig diesen dicken Spiegler vor mir. Ich drehte mich nach links, dann wieder nach rechts, versuchte an etwas anderes zu denken, aber: Pustekuchen! Dieser Fisch ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Der Spot, den ich da befischte war vom Ufer eigentlich unzugänglich. Zugewachsen mit Dornenbüschen, hatten die Jungs und Mädels da unten Schutz von außen. Ich hatte die Rute perfekt platziert, das stand außer Frage, doch wollte ich mich damit nicht zufriedengeben. Ich schälte mich wieder aus dem Schlafsack, kurbelte die Landzungenrute rein und zückte meine Stalkingrute aus dem Auto. Es musste einfach möglich sein, diesen Spiegler auf Sicht zu fangen. Das Wasser war wie gesagt glasklar und die Umstände mit den Büschen würde ich auch noch irgendwie gedeichselt bekommen. Voller Euphorie stiefelte ich, nachdem ich Andi Bescheid gegeben hatte, dass er auf meine Rute aufpassen solle, ans gegenüberliegende Ufer!

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Tatsächlich war es mir nur sehr schwer möglich, an meinen Spot zu gelangen. Alles war dicht bewachsen, verziert mit dornenbewehrten Hecken, doch am Ende hatte ich es geschafft. Verkratzt, aber geschafft! Es dauerte auch nicht lange und der dickbäuchige Spiegler zeigte sich in seiner vollen Pracht. Zusammen mit den anderen Fischen – es hatten sich noch einige andere dazugesellt – dümpelte er an der Oberfläche, genoss die immer stärker werdenden Sonnenstrahlen und machte vorerst keine Anstalten, Nahrung aufzunehmen. So leise und vorsichtig wie ich nur sein konnte, pendelte ich zwei kleine Popup-Maiskörnchen an freier Leine mit ner Hand voll Dosenmais auf die flache, freie Stelle vor meinen Füßen. Die Fische schienen das Ganze dennoch zu registrieren. Es dauerte nur einige Sekunden, ehe die ersten Karpfen die flache Stelle aufsuchten, aber ganz genau inspizierten, was hier vor sich ging. Ich fühlte mich tatsächlich beobachtet. So konnte ich mich nicht wirklich verstecken, stand präsent am Ufer, keine Chance, ohne komplettes Verkratzen „unsichtbar zu werden“. Sie rochen den Braten, spürten, dass da was nicht stimmte… Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich die Scheu der Fische etwas legte. Immer wieder verschwanden die Fische im tieferen Wasser, fingen an zu fressen, ließen die flache Stelle aber zumindest futtertechnisch außer Acht.

Und dann kam er! Der Fisch, den ich so sehr wollte. Deutlich konnte ich die großen Schuppen auf seiner Flanke erkennen, während er sich Stück für Stück meinen Maiskörnchen näherte. Gaaaaaanz langsam ließ er seinen massigen Körper gen Boden sinken und begann, vereinzelte Körnchen, die etwas tiefer gelandet waren, aufzusaugen. Mein Herz pochte, meine Knie schlotterten, doch die Richtung, die der Fisch einschlug, gefiel mir überhaupt nicht. Statt sich meinem Hakenköder zu nähern, zog er es vor, im tieferen Wasser zu verschwinden. Satz mit X, war wohl nix! Etwas enttäuscht starrte ich auf meine zwei einsamen Maiskörnchen und überlegte, was ich denn jetzt machen sollte… Weiter Stalken? Hoffen, dass er wieder kommen würde? Oder sollte ich endlich meinen Schlaf nachholen? Noch während ich in meinen Gedanken versunken auf das Wasser schaute, tauchte plötzlich wieder der dicke Spiegler auf. Er schwamm hektisch, zielstrebig zurück in Richtung des dichten Buschdschungels zu meiner Rechten. Bei genauerem Hinsehen fiel es mir aber wie Schuppen von den Augen. Der Gute hatte im tieferen Wasser weiter gefressen und hatte nun ein Problem. Er hatte das Rig, das ich vor gut zwei Stunden neben der Wurzel abgelegt hatte, im Maul, hatte meinen einzelnen Sinker eingesogen und versuchte nun, das lästige Ding loszuwerden! War das denn möglich? Wie von der Tarantel gestochen rannte ich los, durch das dichte Geäst, schrie immer wieder: „Andi, Andi, der Spiegler … der Spiegler!!!“, vergebens… Andi war im Wunderland, versunken in Träumen, die ich gerade erlebte! Wie verrückt war das bitte?!? An der Rute angekommen, stellte ich erst einmal fest, dass der Fisch den Weg ins Freiwasser und nicht zurück in das dichte Buschwerk gefunden hatte. Er war frei, ich konnte drillen und hoffte so sehr, dass das alles gut ausgehen würde! Und tatsächlich war das Glück auf meiner Seite, denn nach einigen Minuten schlossen sich die Maschen meines Keschers um dieses wunderbare Tier und machten mich für einen Moment zum glücklichsten Menschen auf Erden. Wie geil, wie unfassbar geil war dieses Erlebnis schon wieder?! Mehr oder minder hatte ich dieses ganze Szenario auch noch auf Cam festgehalten, besser ging es eigentlich gar nicht! Andi schüttelte nur den Kopf, meinte aber, dass er von mir nix anderes erwartet hätte – verrückt wie ich nun einmal bin.

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Wir hatten noch nicht einmal Mittagszeit und für mich war diese Session schon gelaufen! Bis in den späten Abend hinein blieb ich wach. Die Müdigkeit einmal überwunden, geht das schon. Der Tag und die Nacht verliefen mehr oder minder ruhig, verglichen mit den ersten Stunden unserer Session. Andi fing noch einen Mini-Schuppi – wahrscheinlich ein überlebender Wallerköder – und auch mir war es vergönnt, weitere Schönheiten dieses Gewässers zu fangen. Dieser dicke, fettbeschuppte Spiegler war aber definitiv das Highlight der Session, wenn nicht sogar des ganzen Monats April.

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Nach jener Session mit Andi widmete ich mich wieder anderen Gewässern, fokussierte meinen Blick wieder Richtung Zielfisch und lebte mich etwas an einem gut besetzten Gewässer ein. Der April, ein Monat, der es in sich hatte, nicht zuletzt meines Entschlusses wegen, zumindest mit dem kleinen Zeh Fuß in der stark frequentierten Köderbranche zu fassen. Ich bin gespannt, wie es weiter geht, was der Wonnemonat Mai zu bieten hat und wann wir endlich wieder etwas freier Leben dürfen. Corona nervt wirklich ungemein…

Ich wünsche euch allen eine tolle Zeit am Wasser,

Chris

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