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Der Stalker / 07.06.2021

DER STALKER #5 - Die Königin vom Lowstock

„Meinste wirklich wir sollen da hin? Die fressen dort mittags nicht Bini, glaub` mir doch! Das ist unnötig vergeudete Zeit!“ Mit fragendem Blick starrte ich meine Frau an, die vehement an diesen einen See wollte. Mittags, ja eigentlich schon nachmittags und das auch noch für gerade einmal drei Stunden an einem Gewässer, an dem ich die vergangenen Jahre eher nachts oder in den frühen Morgenstunden mit Bissen rechnen konnte! So aus dem Bauch heraus, wäre ich lieber an einen anderen, weitaus besser besetzten See gefahren. Ich meine das eigentliche Ziel war es, dass sie endlich ihren ersten Karpfen fangen sollte und mit diesem Vorhaben an einem der schwierigsten Lowstocks in unserer Gegend zu tuckern, war jetzt nicht die cleverste Idee. Nun ja, Bini beharrte allerdings darauf, schaute mich mit ihren großen Augen an, wie ein unschuldiger Dackel – aber bestimmt! Nach einigen Minuten Herumdiskutiererei gab ich mich dann doch geschlagen… „Blanken wir halt ne Runde, auch nicht schlimm…“

Im Nu waren wir an den Ufern dieses Gewässers – im Gepäck `ne Matte, vier Ruten, Kescher und Bissanzeiger, `ne Hand voll Futter und Cam mit Stativ… Ach, `ne Picknickdecke hatten wir auch am Start. Und so ruderten wir gemütlich am Ufer entlang zu der Stelle, die ich die letzten Wochen bereits gut unter Futter hatte. Das Wasser war glasklar, nicht zu vergleichen mit den Bedingungen einige Wochen zuvor! Kaffeebraun war es damals und hielt mich von meinem eigentlichen Ziel in dieser Saison ab. Jetzt schien alles perfekt zu sein. Das Futter war weg, der Spot gesäubert. Dennoch hatte ich dieses mulmige Gefühl in mir, dass hier, zu dieser Uhrzeit, keine Fische am Spot waren. Ich paddelte weiter! Hier mochte ich nicht fischen, nicht heute und auch wenn Bini das nicht so recht verstehen wollte – Sie hatte den See ausgesucht, also hatte ich das Recht meinem Bauchgefühl zu folgen…

Wir landeten fast am anderen Ende des Baggersees. Schon beim Ansteuern der Stelle, die ich im geistigen Auge vor mir hatte, sahen wir eine Hand voll kleinerer Fische, Schuppenkarpfen von nicht einmal zehn Kilo. Nicht die Sorte mit denen ich prinzipiell liebäugele, aber Fische! Und Bini wollte unbedingt ihren ersten Karpfen „berühren" – ganz gleich wie schwer er auch sein würde. Am Ufer angekommen ging eigentlich alles ganz schnell. Beide Ruten meiner besseren Hälfte kamen in den flachen Bereich, in dem wir die Fische kurz zuvor gesehen hatten. Frische Fraßspuren ließen nun auch in mir Hoffnung aufkeimen, dass vielleicht doch noch einer ablaufen könnte – Nachmittag hin oder her.

Meine Ruten platzierte ich etwas tiefer, recht ufernah, aber immerhin gut fünf Meter tief in die Nähe eines versunkenen Baumes. Auch ködertechnisch variierten wir. Während Bini auf den flachen Stellen mit auffälligen Popups angelte, setzte ich auf 15mm Sinker mit `ner Hand voll Boilies und einer weiteren Hand voll Dosenmais außen herum. Ein kleines, auffälliges Schmankerl sozusagen! Zurück am Ufer machten wir es uns auf der Decke gemütlich, genossen das „Kinderfrei“, die Ruhe, die Natur und diese Windstille, auf die man die letzten Tage wirklich vergeblich gewartet hatte. Sicher steht Wind meist mit Karpfen und Fangerfolg in Verbindung, für diesen Moment allerdings, hätte ich mir nichts Schöneres vorstellen könnten. Es war schon irgendwie eine magische Stimmung am Wasser. „Das ist so´n richtiges ´´Da-beißt-was-Wetter´´, ich glaub echt, da geht was Spatz!“, sprudelte es voller Euphorie aus mir heraus. Die vergangenen Tage hatte ich mich etwas an diesem eingangs erwähnten See ausgelebt. Gut besetzt, immer für einen Biss gut – vor allem dann, wenn man weiß, was man machen muss.

Ich fing wirklich richtig gut – keine Riesen, aber viele Fische in recht kurzer Zeit. Ohne große Futteraktionen fing ich meine Fische an den unterschiedlichsten Plätzen. Ich hatte keinen festen Spot, positionierte die Ruten immer wieder an anderen Stellen und unterschiedlichen Tiefen. Den Fischen war es egal. Nach dem langen, ekelhaften Winter und dem noch „ekelhafteren“ Frühjahr schienen nun auch die Karpfen die Schnauze voll zu haben – sollte das Wetter doch machen was es wolle, die Jungs und Mädels waren hungrig und das kam mir eindeutig Zugute... Auffällig war, dass sie bei den ersten Sessions nahezu ausschließlich auf Bodenköder bissen, während Popups – ganz gleich in welcher Farbe - stets ignoriert wurden. Nur an einem Tag blieben die Bisse auf die Bodenköder aus. Der hohen Bissfrequenz wegen hatte ich, während der letzten Sessions, beide Ruten mit Sinker bestückt – getreu nach dem Motto „Never change a running team“ wollte ich an diesem Tag aber nicht komplett ausharren und switchte kurzer Hand auf einer Rute wieder auf einen Poppi um. Das leuchtende Teil da unten bescherte mir darauf zwei Fische in kürzester Zeit.

Manchmal muss man eben flexibel sein… Gut, eigentlich ist flexibel sein immer eine gute Eigenschaft, gerade in Bezug auf unser geliebtes Hobby. Auf jeden Fall lief es wie am Schnürchen. Und immer wenn`s läuft, bin ich motiviert. Motivierter, als wenn es nicht so läuft! Vor allem, wenn´s ums Filmen und Fotografieren geht. Ich zückte mein Handy heraus, und spulte einige Videos der vergangenen Kurzsessions ab. Eine Szene beginnt in meinem Bus:

Ich hatte gerade meinen Beitrag „Der Stalker #4“ in der Mache und saß mit dem Tablet auf meinem Bett, als die Funke einen Ton von sich gab! Routiniert zückte ich das Handy, drückte auf „record“ und filmte den Biss bis zur Aufnahme der Rute…

Der Clip war fertig, Bini und ich sahen uns verdutzt in die Augen, realisierten dann aber recht schnell, dass das was hier gerade passierte kein Tonfehler meines Handys war, sondern der Biss der Aufnahme nahtlos in die Realität über ging! Meine rechte Rute lief ab, schnell und ohne Vorwarnung. Konnte das jetzt wirklich wahr sein? Was eine geile Sch***ße war das denn jetzt? Nicht ganz so relaxed wie am anderen Pool, nahm ich die Rute auf und spürte direkt, dass das keiner der kleinen Schuppis in diesem See sein konnte. Mit breitem Grinsen verschwand ich im Boot, warf meiner Lieben `nen Kuss zu und konzentrierte mich auf das Geschehen unter mir. Der Fisch zog immer wieder einige Meter Schnur von der Rolle, schwamm tief, kraftvoll, aber sehr ruhig! War er es? Der Fisch den ich wollte? „Bitte! Biiiitttteeee!!!“, flüsterte ich immer wieder vor mich hin und als ich das erste Mal die riesige Flanke sah, stockte kurzzeitig mein Atem. Definitiv war das ein langer Fisch und definitiv hatte dieser Fisch auch über 25kg. Wieder zog das Lange Teil in die Tiefe dieses glasklaren Wassers. Nervös zückte ich mein Handy, rief die Kamerafunktion auf und filmte – wie so oft die letzten Sessions… Als der Fisch das zweite Mal Richtung Oberfläche kam erkannte ich aber direkt, dass es nicht der Fisch ist, weshalb ich hier meine Saison verbringen wollte – wohl aber der Fisch, wegen dem die meisten anderen Angler hier am Start sind.

Ich hatte Cleopatra bereits einige Male gefangen. Auf manchen Fischen steht eben dein Name, auf anderen eben nicht… Als Cleo in den Maschen meines Keschers verschwand war ich dennoch glücklich, wie ein kleines Kind. Ich hatte ja anfangs überhaupt nicht hierher gewollt - der Fangaussichten wegen – und nun diesen majestätischen Fisch mit knapp unter 30kg in den Armen wiegen zu können war natürlich eine sehr feine Sache! Der Moment war perfekt und meine Süße konnte endlich ihren ersten Karpfen „streicheln“, die Königin des Sees ließ es sich nicht nehmen die Erste zu sein – auch wenn die Gute auf meine Rute Biss. Bini war happy und das war die Hauptsache!

Der Mai war eigentlich schon gelaufen. Meinen „Zielfisch“ hatte ich zwar noch nicht, aber noch war das Jahr nicht vorbei und die vielen tollen Momente in diesem Monat waren einfach mega! Neben den vielen Fischen hatte sogar meine kleine, eigene „Knödelfirma“ Heckenkriechers Beste angefangen aufzublühen und das besser, als ich es anfangs erwartet hätte... Mein Mindset ist positiv gestimmt und ich bin echt gespannt, was der Juni mit sich bringt…

Ich wünsche euch allen `ne geile Zeit am Wasser und natürlich „Nur Digge“,

Chris Ackermann

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