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Pecks Tagebuch / 25.10.2019

PECKS TAGEBUCH - der 1.000-Karpfen-See

Puh, wo soll ich anfangen? In dieser Kolumne geht es um die Hitze des Orients, um charakterlose Schlammschweine und den deutschen Yateley-Komplex. Am Ende des Tages aber um das Karpfenangeln zwischen Passion und Beruf, wie ich es erlebe. Viel Spaß damit!

Der Plan

Nach der Session mit Derek am Orient gehe ich hier auf eine weitere Frankreich-Tour mit dem alten Haudegen ein, gefolgt von einem Masterclass-Dreh in Deutschland. Nach unserer Megasession am Orient waren Derek und ich natürlich richtig heiß auf eine Rückkehr. OK, ich war richtig heiß – angespornt durch Dereks krassen Schuppi. Er hingegen machte sich sorgen wegen den Eichenprozessionsspinnern, die in Massen die Wälder bevölkerten. Es war ehrlicherweise ein ziemlicher Alptraum, mit zwei großen Kerlen und Hund in einem kleinen Kajütboot und auf einer Matratze zu schlafen. Noch mehr, täglich mehrmals mit dem Hund durch die Raupen-verseuchten Wälder zu stiefeln, um Gassi zu gehen. Ich hoffte, dass der Wasserstand mittlerweile noch niedriger war und wir vom Ufer aus angeln könnten. Also machte ich den Plan, vor Derek anzureisen, die Fische zu suchen und dann mit ihm bequem vom Ufer aus zu angeln. 

Hitzewelle

Spät an einem Sonntag kam ich an und tuckerte mit meinem präzise gepackten Boot in das Areal, wo wir zuletzt so erfolgreich waren. Es war ein langer Weg von der Slippe, die Hitzewelle lag voll über Frankreich und ich könnte mir ein Bierchen auf dem Boot. Meine Stimmung war gut, zumindest so lange, bis ich zwei Karpfenangler entdeckte, die genau in „meinem“ Areal fischten. Es war zu spät und zu dunkel, um anderswo zu suchen, also ankerte ich ufernah und warf zwei Ruten aus – ohne Erfolg. Am Morgen zog ich in ein anderes Areal, aber mir fehlte das Vertrauen. Es war brütend heiß und ich sah nichts im Flachen. In England hatte ich so etwas noch nicht erlebt, doch hier zogen die Fische bei der Hitze wohl ins sauerstoffreichere, tiefere Wasser. Ein paar Locals fingen unter zehn Meter Tiefe. Einen kräftezehrenden Wallerdrill und einen heftigen Sonnenbrand – von der vom Wasser zurück reflektierenden Sonne, der du im Boot nicht ausweichen kannst – später, rief ich Derek an, um ihm zu sagen, dass es hier so keinen Sinn macht. Er klang erleichtert. Und schlug vor, ein kleineres Gewässer im Herzen Frankreichs anzugehen.

Überall Angler

Nach drei Nächten brach ich es also ab am Orient und folgte Dereks Einladung in eine „Urlaubssession“. Nach einer Nacht auf dem Gigantica-Komplex fuhr ich dazu weiter in den Süden. An einem kleinen Stausee trafen wir uns und auch hier saßen andere Angler an dem Platz, den Derek unbedingt beziehen wollte. Nur ein paar hundert Meter die Straße runter lag ein weiterer, größerer Stau, also fuhren wir diesen an. Und zum dritten Mal war der von uns erhoffte Platz besetzt. Egal, das Wasser war so niedrig, dass etwa gegenüber eine Landzunge hervorkam, die sich auch anbot. Also steuerten wir einfach diesen Platz an. Dass uns der Wind dort ins Gesicht blies und sich in kurzer Folge zwei Fische zeigten, unterstrich diese Entscheidung noch. 

1.000-Karpfen-See

Bei dem niedrigen Wasserstand hatte der See etwa einen Kilometer Länge bei 500 Metern Breite und die Rundfahrt mit dem Echolot zeigte Tiefen von 1 bis 4,5 Metern. Der Boden war durchweg weich und schlammig, abgesehen von einer kiesigen alten Straße, die sich mittig hindurch zog. Was mich wirklich aufhorchen ließ, war die Info von Derek, dass dieser See gute 1.000 Karpfen bis über 27 Kilo beherbergen sollte. Im Grunde also eine französische, öffentliche Version des Linear Fisheries Brasenose One, einem See, den man aus echt vielen englischen Fangorgien-Videos kennt. Nur mit dem Unterschied, dass es hier keine angelegten Plätze gab und die Nacht nicht gleich 30 Pfund kostet. Jedenfalls konnten sich die Fische nirgends verstecken und ich hatte bereits das Gefühl, dass es eine heftige Session werden würde.

Schlammschweine

Derek bezog die Seite zur Staumauer, ich die zur Kiesstraße. Zunächst platzierte ich drei H-Marker entlang der hinten abfallenden Kante der Straße. Obendrauf war es 2,5 Meter tief, davor fiel es auf 3,5 und dahinter auf 4,5 ab. Genau mein Typ Hotspot! Alle Rigs platzierte ich darauf, mit ausreichend Platz dazwischen. Die 8oz Bleie landeten auf steinhartem Boden. Ich füttere etwa 30 ganze 25mm Essential Cell Boilies je Rute und nachdem alle platziert waren, verteilte ich weitere 5 Kilo dieser Köder im gesamten Areal. Schon der erste Abend war der Wahnsinn, alle Ruten liefen ab und nachdem ich bereits sechs Fische hatte, entschied ich, die Ruten erst mal nicht mehr auszulegen. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich ganz schön mies, die Sonne setzte mir zu und die paar Kronenbourgs zur Feier der Session halfen nicht wirklich gegens Dehydrieren. Um eine wirklich lange Story abzukürzen: Derek und ich fingen reichlich Fische bis knapp 20 Kilo in den kommenden Tagen. Ja, wir hatten eine gute Zeit, aber das war dort nicht wirklich inspirierend. Ich war mit der Hoffnung auf eine epische Orientsession aufgebrochen und da hockten wir nun, besackten uns mit charakterlosen „Schlammschweinen“ in einem überbesetzten See und betranken uns mit billigem, französischen Bier. Alles bei bestem Wetter. Urlaubsangeln vom Feinsten, oder nicht?

Masterclass in Deutschland

Nur wenige Tage nach meiner Rückkehr aus Frankreich ging es in sieben Stunden Fahrt zusammen mit Danny Fairbrass und dem Masterclass-Team nach Norddeutschland. Eigentlich wollten wir an einen schönen, kommerziellen See in den Niederlanden fahren, doch dort war leider KHV ausgebrochen und so mussten wir auf den letzten Drücker eine Alternative finden. Zum Glück kamen einige unserer deutschen Teamangler mit einer Rettung um die Ecke: Björn uns seine Jungs boten uns an, für den Dreh an ihrem Fünf-Mann-Syndikat zu angeln. Eine schöne, alte, aber sehr gepflegte Kiesgrube die schon fast auf dänischem Boden liegt, etwa sechs Hektar groß und mir bereits bekannt. Denn ich fischte dort in der Vergangenheit für ein Teambuilding. Auch die schöne Region, in der dieser See liegt, ist mir nicht unbekannt. Filmten wir dort doch schon für Masterclass 4 und später für The Buzz am Fluss. Es gibt in dieser Ecke eine Linie an Spieglern, die es mir einfach angetan hat. Diese urigen, dunklen Fische mit den kleinen, abgerundeten Flossen – einfach der Hammer! 

A german Yateley

Und auch wenn der See, an den es ging, mit solchen Fischen nur rar besetzt war, ich freute mich auf den Dreh. Denn das Gewässer erinnerte mich etwas an den Yateley-Komplex von früher. Eine ganz ähnliche Kiesgrube mit einigen flachen Plateaus, Inseln und versunkenem Geäst. Dass einige der Fische dort den alten Legenden sogar ähnelten tat es auch für mich. Nur der Bestand sollte dort deutlich dichter ausfallen: von gut 160 Karpfen war die Rede, darunter in besten Tagen ganze acht Fische über 20 Kilo. Ein Mischbestand, ein paar wenige Altfische und dann die bunte Mischung aus verschiedenen Besatzmaßnahmen.

Deutsche Vorbereitung

Nach einem vollen Tag am Steuer entschieden wir uns dafür, die erste Nacht nicht zu fischen. Wir wurden herzlich von Björn, Max und Sascha empfangen und alles war in deutscher Manier perfekt vorbereitet: das Gras frisch gemäht, Rindenmulch aufgefüllt und in der kleinen Bude stand sogar ein gasbetriebener Kühlschrank für uns. Der See wurde seit zwei Wochen nicht befischt und schon bei unserer Ankunft sahen wir vereinzelt Fische an der Oberfläche, die sorglos vor sich hinzogen. Früh am Morgen umrundeten wir den See und machten Location. Nach zwei Wochen ohne Druck waren die Fische super aktiv, sie sprangen wie wild und Betten aus Gründelblasen deuteten auf ihre Fressaktivität. Ich wusste: Hier gab es genug Platz und Fisch für uns beide, egal wer letztlich wo einen Platz beziehen würde.

Noddyclass

Dan gewann beim Stöckchenziehen und endschied sich für den Swim, den er schon nach der Ankunft favorisierte: Der Hauptplatz etwa mittig am See mit dem größten Wasserkörper davor. Ich bezog den letzten Platz im Wind, denn dort hatten wir auch reichlich Aktivität gesehen. Und dann begann die Alptraumserie: Alles was schief gehen konnte, ging auch schief. Masterclass? Nope! Eher Noddyclass! Es fing damit an, dass meine Marker-Rute, die ich an einen Busch gelehnt hatte, auf die Steine knallte. Als Folge war wohl der Spitzenring angerissen und das bemerkte ich erst, nachdem ich zwei Marker Set Ups nach Abrissen im See versenkte... Klar, beide Bleie schlugen lautstark genau da ein, wo ich die Fische hatte springen sehen. Dann feuerte ich mit der Spod Rod die Rakete schnurstracks über die Hochspannungsleitungen, die den Platz in einiger Distanz überspannten. Also machte ich Solid PVA Bags, um diese mit dem Bait Boat sicher unter den Leitungen hindurch auf die Spots zu fahren. Nur um beim zu sehen, dass Wasser durch die Kammern kam und sich die liebevoll gebastelten Bags gleich wieder auflösten. Da spürte ich schon Qualm aus meinen Ohren kommen. Was dachte sich bitte die Filmcrew? Sehr wahrscheinlich, warum sie auf dieser Seite der Linse stehen sollten, um diesen unfähigen Type zu filmen. 

Katzenauge

Gut, ich will es auch hier kurz fassen und nicht zu viel verraten. Es gelang mir jedenfalls tatsächlich noch, Fische zu fangen. Tagsüber movte ich in eine ruhige, verholzte Ecke des Sees und fischte nachts an offeneren Plätzen. Dan und ich hatten zusammen rund 20 Karpfen. Und während Danny einige der tollen, urigen Spiegler fangen konnte, ging am letzten Tag der Topfisch der Tour und damit auch der größte Schuppi des Sees auf meine Kappe. Mit 43 englischen Pfund und seiner ungewöhnlichen Spaltpupille eine echte Erscheinung.

Bis zum nächsten Mal und tight lines,

Pecky

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