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+ Kolumnen / 26.01.2021

PECKS TAGEBUCH – Deutsche Fünfziger

Man muss leider festhalten, dass die Corona-bedingten Einschränkungen in unserem Filmplan für 2020 ein komplettes Chaos angerichtet haben. Aus diesem Grund hätte auch die Korda Masterclass im Herbst fast nicht stattgefunden. Danny musste im letzten Moment noch eine Notfalländerung der aktuellen Regelungen rausgeben und durch diese hätte die gesamte Crew in Quarantäne gehen müssen, sobald wir in Belgien oder Frankreich fischen würden. Zu unserem Glück kam Jürgen mit seinem kommerziellen Gewässer in Süddeutschland um die Ecke, das für das was wir vorhatten, absolut perfekt war. Es sollte so ablaufen, dass wir in der letzten Oktoberwoche ankommen würden, also vielleicht etwas zu spät für die perfektesten Bedingungen.

Späte Anreise

Ich konnte erst 48 Stunden nach dem Rest des Teams verreisen, da ich beim ersten Geburtstag meines jüngsten Sohnes natürlich dabei sein wollte. Ich will euch hier nicht mit weiteren Details langweilen … ich kam in der Abenddämmerung an und konnte gerade noch einen Blick über das Gewässer schweifen lassen, bevor sich die Dunkelheit herabsenkte. Die groben Fakten sahen so aus: Der See ist ungefähr 600 Meter lang, 100 Meter breit und weist Tiefen bis zu rund 9 Metern auf. Es gibt fünf Angelstellen, je zwei davon an beiden Enden und eine in der Mitte. Dan fischte am ersten mir nahegelegenen Platz, als ich ankam. Er reichte mir ein Bier und berichtete, was in meiner Abwesenheit passiert war. Er hatte die 24 Stunden vor meiner Ankunft gefischt und einen Fisch von 28 englischen Pfund gefangen. Der Swim gegenüber sah nach einer guten Option aus, da ich – während Dan berichtete – mehrere Fische dort springen sah. Natürlich war der Platz recht nah an seinem und da wir den ganzen See für uns beide allein hatten, fühlte es sich ein bisschen komisch an, direkt auf seinen Bereich zu fischen. Danny hatte noch einen weiteren Platz am gegenüberliegenden Ende des Sees angefüttert und dort ein Bivvy aufgestellt. Der einzige verbleibende Swim auf dieser Seeseite wirkte ein wenig zu nah und die Wasserfläche sah nicht besonders vielversprechend aus, also schien mir der letzte verbliebene Platz in der Mitte des Sees tatsächlich die beste Wahl.

Draußen springen die Fische – und ich schlafe

Nur eine halbe Stunde nach meiner Ankunft war es bereits stockduster, doch bevor ich mein Camp errichtete, wollte ich noch eine kleine Runde laufen gehen. Es sollte hier mehrere hundert Fische geben und daran hegte ich absolut keinen Zweifel, denn sie sprangen förmlich überall. Auch beim Abgehen des gegenüberliegenden Uferbereichs hörte ich einige Karpfen an der Oberfläche. An sehr gut besetzten Gewässern wie diesem liegt man eigentlich selten komplett daneben, wenn man um die Mitte des Sees herum fischt und wenn ich es ordentlich anging, schien die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich genügend durchziehende Fische vor mir hätte und ein paar davon abgreifen können würde. Das Camp war bald aufgebaut und nachdem ich gerade erst 12 Stunden hinter dem Steuer verbracht hatte, lag ich schon bald eingekuschelt in meinen Schlafsack. Dieses eine Bier schien eine regelrecht medizinische Wirkung auf mich zu haben und ich verfiel in einen extrem tiefen Schlaf, aus dem ich erst ungefähr neun Stunden später wieder wunderbar erholt erwachte.

Wo liegt nur der Kies?

Meine Eröffnungstaktik sollte so aussehen, dass ich zwei Ruten an das gegenüberliegende Ufer fischen würde, eine aufgrund der Distanz mit dem Boot abgelegt und eine geworfen. Beide sollten nur spärlich befüttert werden, denn bis ich fangen würde, wollte ich nicht zu viel Futter an nur einem Spot liegen haben. Um das Ganze hier abzukürzen: Ich wurde innerhalb der ersten 24 Stunden mit einer Schleie für meine Mühe entlohnt. Lange war ich in der Nacht wach gewesen und die Anzahl springender Fische war geradezu obszön. Bei diesem Level von Aktivität wusste ich, dass wir eigentlich mehrere Fische pro Nacht fangen sollten! So verbrachte ich den zweiten Morgen damit, ein blankes Blei im ganzen Areal herumzuwerfen, um mir so einen besseren Eindruck von der Unterwasserstruktur zu verschaffen. In weiten Teilen war der Untergrund unauffällig, befischbar zwar, aber kaum etwas deutete in Richtung Kies oder sonstiger Abwechslung. Irgendwann jedoch fand ich einen winzigen kiesigen Bereich in der Seemitte. Es war hier 20 Fuß tief und das Auftreffen des Bleis auf den Grund fühlte sich deutlich besser an. Ich witzelte mit den Kamerajungs, dass dort unten wahrscheinlich Ian Botham (eine wahre Cricket-Legende im Vereinigten Königreich) saß und meine Bleie in den Boden schmetterte. Da der Boden im gesamten Bereich ansonsten in erster Linie von eher schlammiger Natur war, setzte ich alles auf eine Karte und befischte ab diesem Zeitpunkt diesen Spot. So sollten beide Ruten exakt auf den harten Kies gelegt werden und hierzu dürften sie in meinen Augen nicht mehr als einen Meter auseinander liegen. Da ich bis zum jetzigen Zeitpunkt jeden Quadratmillimeter des Areals aufs Genaueste abgeklopft hatte, machte ich mir um das Aufscheuchen der Fische keine Gedanken mehr und das Boot konnte den Job erledigen.

Boat Business

Eigentlich war das Boot auch wesentlich unauffälliger als 50 große Spombs, die die Oberfläche durchbrechen. Allerdings verliert man leicht den Überblick und verteilt sein Futter deutlich weiter, als man es vom Ufer aus tun würde. Also sah mein Plan – mit dem Hintergedanken an die überschaubare Größe des Spots – wie folgt aus: Zuerst setzte ich den Marker und fuhr dann langsam mit dem Boot direkt dorthin um präzise einen Quadratmeter um die Pose herum zu füttern. Die Jungs neben mir kommentierten noch, dass es ganz so aussah, als ob ich die vier bis fünf Kilo Tigernüsse und 15mm Cell Boilies direkt auf den Marker gesetzt hätte. Schon in der folgenden Nacht wurde ich mit meinem ersten Karpfen belohnt, einem Schupper von knapp über 30lbs!

Da muss doch mehr gehen!

Ich war mittlerweile die dritte Nacht an diesem See – zwei davon hatte ich gefischt. Es schien, als würde mir langsam die Zeit davonlaufen. Die ständigen Fischaktivitäten waren ein herber Dämpfer für mein Ego und es war sonnenklar, dass wir nicht das Beste aus dem machten, was der See bot. Dan hatte in der Nacht, in der ich ankam, drei Fische gefangen, aber es waren wieder nur kleinere Schupper bis um die 30 Pfund. Wenn man in Betracht zog, was dort alles herumschwimmen sollte, kratzten wir in Sachen Möglichkeiten also nur an der Oberfläche. Da mein einziger Biss auf einem recht üppigen Bett aus Boilies und Tigernüssen gekommen war, dürfte jede Menge davon noch immer am Platz liegen. Und obwohl ich mir hier nicht sicher sein konnte, wiederholte ich die Prozedur und fütterte erneut mit drei bis vier Kilo des Boilie-/Tigernussmixes vom Boot aus an. Und um meine Bedenken, dass die Fische vielleicht lange Zeit fressen würden, ohne auf den Hakenköder zu stoßen, zu zerstreuen, wechselte ich zu grellweißen Banoffee Pop Ups. So, hoffte ich, würde die große Futtermenge die Fische anziehen, sobald sie aber allzu übereifrig wurden, würden sie eines der guten Spinner-Rigs inhalieren. Tagsüber lag der See zwar wunderbar und im herbstlichen Gewand da, aber gleichzeitig auch wie tot. Man hätte sofort geglaubt, dass hier kein einziger Fisch im Wasser war. Die nächtliche Aktivität war jedoch wieder einmal enorm – eine Sache, die ich in den letzten Jahren schon oft im späten Herbst beobachten konnte.

Monster im Morgennebel

Mein zweiter Biss kam in den frühen Nachtstunden und dieser Fisch fühlte sich direkt viel größer als der erste an. Dumpfe Kopfschläge wurden durch die Schnur zu spüren und die Fluchten waren langsam und gewichtig. Nach einigen Minuten durchbrach er plötzlich nur wenige Rutenlängen draußen die Oberfläche und – scheinbar geblendet vom Licht der Kamera – ließ er sich direkt ins bereitliegende Netz ziehen. Auf den ersten Blick kam er mir nicht gerade riesig vor, da ihm die Breite fehlte. Andererseits war er aber auch verdammt lang. Die Waage pendelte sich dann bei etwas über 53lbs ein und ich versorgte ihn noch kurz in der Sling, bis es hell genug für die Kameras sein würde. Die Fotos dieses Monsters sind meiner Meinung nach besonders cool, mit dem in Nebel gehüllten See im Hintergrund.

Uninteressanter Hartmais

Da dieser Spot nur einen Biss pro Nacht hervorgebracht hatte, entschloss ich mich, eine der Ruten wieder ans gegenüberliegende Ufer zu verlegen. Die Aktivitäten der Nacht zeigten mir erneut, dass ich nicht das volle Potenzial des Swims ausschöpfte. Nach einem klitzekleinen Abtasten mit dem Blei schoss ich mich auf einen Spot bei 26 Rutenlängen ein. Um dorthin zu gelangen, warf ich die Montage sehr dicht an das andere Ufer und ließ sie dann sachte absinken, bis sie auf sauberem Kies zum Liegen kam. Es war hier 15 Fuß tief und dicht an der unteren Kante. Jürgen versorgte uns an diesem Tag mit frischem Hartmais, der noch kochend heiß war, als er an meinem Platz ankam. Ich füllte mir sechs Kilo davon in einen Eimer und ich muss zugeben, dass er nicht gerade beeindruckend wirkte. Gekochter Hartmais ist durch seinen hohen Wassergehalt recht schwer, dadurch allerdings auch ein guter Happen für die Karpfen. Ich wiederholte den Trick mit dem Boot, fütterte die sechs Kilo direkt über dem Marker am anderen Ufer und warf dann vom Ufer aus einen gelben 15mm Isotonic Pop Up darauf.

Okay, also doch der Mais …

Das kiesige Areal in der Seemitte brachte keine Aktion mehr, aber die Rute über dem Mais lief mitten in der Nacht ab. Auch dieser Fisch war dem Drill nach wieder ein guter. Zwar unternahm er keine großen Fluchten oder nahm viel Schnur von der Rolle, aber ich konnte ihn nur schwer heranpumpen. Der Wechsel von Spot und Taktik hatte sich also wirklich ausgezahlt!

Abschiedstaktik

Die folgende Nacht war die letzte, in der wir fischten und so fütterte ich nur noch mit einem Bruchteil der Menge vom Vortag. Vermutlich lag noch immer Futter da draußen, also wollte ich nur noch ungefähr ein Kilo auftoppen. So sollte sichergestellt sein, dass auf jeden Fall Futter im Bereich der Hakenköder lag. Diese Taktik habe ich an kommerziellen Gewässern schon oft angewandt, wenn ich davor stark gefüttert habe – in der letzten Nacht entweder gar nicht oder zumindest viel weniger.

Warum nicht gleich so?

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur drei Läufe in vier Nächten gehabt – in der letzten hatte ich ganze fünf! Zwei davon kamen auf dem zentralen Bereich und drei vom gegenüberliegenden Ufer mit dem Mais. Zwar waren es keine Riesen, aber alle reihten sich zwischen 25 und 35 englischen Pfund ein. Wenn ich zurückblicke, dann scheint es wahrscheinlich, dass ich zuvor schlicht und ergreifend zu viel gefüttert habe. Zumindest wäre das ein Erklärungsansatz. Aber ehrlicherweise musste ich dankbar sein für die zwei wundervollen 50er, die ich hatte fangen können. Danny hatte zwar einige Fische mehr fangen können, aber keinen auch nur ansatzweise in dieser Größe. Alle technischen Einzelheiten könnt ihr euch detaillierter im Masterclass Film auf dem Korda YouTube-Kanal anschauen.

Und das war es auch schon wieder für dieses Mal. Nächsten Monat werde ich über eine Fangserie von 20 Fischen am Farlows Lake im Colne Valley berichten.

Bis dahin, euch viel Glück!

Pecky


 

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