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Pecks Tagebuch / 08.06.2021

PECKS TAGEBUCH – Lost in France 2015 #4

Mit einer düsteren Vorahnung startet Pecky in die letzte Phase seiner Megasession am legendären Lac de Orient. Drohende Kontrollen und Karpfen-Piraten machen das Leben des gebeutelten Briten unnötig schwer. Wie wird dieses Abenteuer wohl enden? Hier lest ihr es!

Ich Schwerverbrecher!

Nachdem die Bilder später gemacht waren, luden wir so viele Akkus wie irgend möglich auf den Trolley. Steve und Adam, die beiden Aufseher vom Gigantica, wechselten sich dabei ab, den Trolley durch den Schlamm zu schieben, während ich die übliche Prozedur durchzog und einen Akku auf der Schulter zu ihrem Auto trug. Als wir an einen Strand kamen, liefen gerade zwei Männer um die Ecke. Auf den ersten Blick sahen sie wie Angler aus. Und da ich nach meinem Fang in Hochstimmung war, legte ich auch gleich mit meinem freundlichsten „Bonjour“ los. Dieses eine Wort hatte eben meine Lippen verlassen, als ich das Label auf ihrer Kleidung mit der goldenen Aufschrift „Garde de Peche“ wahrnahm. Sofort wanderten meine Augen zu seiner Waffe und das breite Grinsen in meinem Gesicht verschwand schlagartig. Er schaute mich direkt an und begann, französisch zu sprechen. Ich entgegnete „English please?!“ In perfektem Englisch fragte er mich, „sind ihre Schnüre im Wasser?“. Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Nein, Sir“. Er öffnete seine Augen ein wenig weiter und fragte, ob ich sicher sei. „Ja Sir, 100 Prozent“. Er nutzte sein Fernglas, um sich den Weg nach unten zu sparen. Zurück beim Van gingen die beiden erneut an mir vorbei und ich fragte, ob es ein Problem gäbe. Die Antwort fiel knapp aus: „No Problem“. So sicher war ich mir da nicht. Das Spiel war aus, sie wussten, was ich vorgehabt und auch gemacht hatte.

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In der Zwickmühle durch eine ruhige Nacht

Ich rief Gary an, um ihm zu erklären, was gerade passiert war und gerade, als ich ihm alles schilderte, konnte ich ein Boot über den Markern weit draußen ausmachen. Mit Pauls Fernglas war es mir möglich, genau den Kontrolleur zu erkennen, den ich am Sonntag zuvor getroffen hatte. Und: Er war am Telefon. Das sah wirklich nicht gut für mich aus. Ich sagte nur noch zu Gary: „Hör zu, wir sollten hier aufhören, die Dinge spitzen sich gerade zu.“ Aber alles abzusagen war keine Option, schließlich hatte er Tickets gekauft und Kameraobjekte ausgeliehen… also hieß es hierbleiben. So sehr es mich auch in den Fingern juckte, die Ruten an diesem Abend rauszuziehen, der Ärger schien vorprogrammiert und ich hatte allen Grund dazu, paranoid zu sein. Der Kontrolleur kontrollierte äußerst verdächtig den ganzen Tag über mein Areal und schien eindeutig ein Auge auf mich zu haben. Am Ende beschloss ich, sein Spiel mitzuspielen. Meine Fake-Marker hatte ich auf 150 Metern Entfernung abgelegt und als er hinfuhr, um sie sich anzusehen, fuhr ich ebenfalls raus, senkte blanke Bleie ohne Montage ab und warf um die hundert Boilies pro Rute dazu. Auf diesen 150 Metern war es ungefähr drei Meter tief und das Kraut stand dicht bis auf die Hälfte davon. Meine Boilies zeichneten sich deutlich auf dem Kraut liegend ab und die Bleie waren direkt auf den Boden hindurchgerutscht. Das war mal eine ruhige Nacht, sage ich euch …

PECKS TAGEBUCH – Lost in France 2015 #4

Gary kommt – Das MUSS jetzt sein!

Die Nacht verging ohne die Kontrolle durch die Garde de Peche, wie ich es eigentlich erwartet hatte und der Montagmorgen verging wie immer ausgesprochen ruhig. Ich beließ die Ruten im Wasser und hoffte, dass die Kontrolleure zurückkommen und mich filzen würden, aber nichts geschah. Am frühen Nachmittag kamen Gary sowie sein Freund John an. Sie brachten starken Regen mit, der den ausgetrockneten Uferbereich wieder in einen regelrechten Sumpf verwandelte. Dank Gary war ein Zusammenpacken im Schlamm also garantiert. Ich wartete bis 21 Uhr, bevor ich das Boot startklar machte, um wieder die langen Ruten auszulegen. Auf halber Strecke schaltete ich das GPS ein, es passierte jedoch nichts. Also zurück zum Ufer und bei einer schnellen Tasse Tee den Akku laden; gerade einmal zehn Minuten, um genug Saft zu haben, mit dem GPS den Spot anzusteuern. Ich legte nur die die eine Rute, da ich den Akku richtig laden musste und ehrlicherweise waren die meisten Bisse auch nur auf die linke der beiden Ruten gekommen.

Drill und Feuerwerk

Ich will es kurz machen: Schon kurz darauf pfiff die Rute wieder los und bewies hierdurch, dass die Fische noch immer in Massen da draußen standen. Sobald der Fisch, ein Spiegler von 13kg, in der Retention Sling untergebracht war, legte ich die Falle erneut und natürlich streikte das GPS nun auf dem Rückweg vollends. Das wäre an und für sich kein Problem gewesen, hätte ich beim Losfahren ein Licht beim Basecamp angelassen. Aber ich war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Gary wach war und auf mich wartete. Ohne technische Unterstützung wieder zurückzukommen war nicht ideal, aber ich schaffte es. Die einzige Frage, die blieb, war, wie gerade ich gefahren war. Da ich noch immer ein wenig paranoid hinsichtlich einer drohenden Kontrolle durch die Garde de Peche war, stelle ich meinen Wecker auf 5 Uhr in der Früh und das nächste, an was ich mich erinnere, ist tatsächlich der Klang desselben. Als ich zur Rute ging, um sie einzukurbeln, war die Schnur nicht so straff, wie ich sie hinterlassen hatte… „Da könnte was dran sein“, dachte ich bei mir. Also fuhr ich über die nun spiegelglatte Oberfläche in die Dunkelheit hinaus und ungefähr auf halbem Weg hatte sich die Schnur festgesetzt. Selbst mit starkem Zug auf der Rute konnte ich nicht genug Druck aufbauen, um sie wieder freizubekommen. So drehte ich die Bremse komplett zu, kurbelte die Rutenspitze unter Wasser und drehte den Gashahn am Motor voll auf. Es kam Bewegung in die Sache und ich spürte, wie die raue Geflochtene sich durch etwas hindurchsägte, bevor das da unten nachgab. Ich stellte den Motor aus, kurbelte die lose Schnur auf und eine große, mit Wasser getränkte, Wurzel von der Größe meines Arms tauchte an der Oberfläche auf – die Sub Braid hatte ihn regelrecht durchgesägt. Nachdem ich ihn aus meiner Schnur befreit hatte, nahm ich wieder Kontakt auf und erneut war die Schnur in einem Hindernis – das ich jedoch diesmal mir der Rute lösen konnte. Der Schnurwinkel änderte sich plötzlich und ich konnte Gegenwehr am anderen Ende spüren. Der miserable Schnurverlauf hatte offensichtlich für noch schlechtere Bisserkennung gesorgt. Schon bald knubbte der Schlagschnurknoten durch die Ringe und der Fisch machte sein Gewicht geltend; es fühlte sich an wie ein Wels, denn er stand tief am Grund. Da ich den Schlagschnurknoten schon in petto hatte und sich nun 25 Meter einer 50lb Mono im Wasser befanden, ließ ich ihm keinen Zentimeter. Während diesem Drill auf Biegen und Brechen wurde ich durch einen orangefarbenen Schein am Horizont aus der Richtung abgelenkt, in der mein Auto stand. Nur wenige Momente später wurde die Stille jäh durchbrochen. Explosion nach Explosion schallte vom Parkplatz herüber und ein Feuerball schoss in die Luft. Ich muss zugeben, es war ein ziemlich krasser Anblick. Und gleichzeitig zog mich ja noch der Fisch über den See. „Wohl die Reifen und vollen Tanks“, dachte ich bei mir. „Hoffentlich ist es nicht meines… vielleicht nur ein Autodieb, der sich ein Auto für eine Spritztour geklaut hat und es nun wieder loswerden will“, so dachte ich realistisch, hoffnungsvoll.

PECKS TAGEBUCH – Lost in France 2015 #4

Gary, ich glaube, die Autos brennen …

Irgendwann wurde das Biest endlich müde und schlängelte sich langsam in Richtung Oberfläche. Als er im Licht der Kopflampe den Wasserspiegel durchbrach, sah es noch immer zu lang aus für einen Karpfen – zumindest bis zur allerletzten Sekunde. Als er im Netz lag, konnte ich nur noch grinsen: Es war ein beschuppter, alter Leviathan. Als ich ihn in der Retention Sling versorgte, hörte ich zum ersten Mal auf dem gesamten Trip deutlich einen Karpfen springen. Zurück an Land versuchte ich, Gary zu wecken. „Wach auf Mann, ich glaube die Autos brennen!“ Seine Antwort glich der eines Zombies und ich konnte keinen der Laute verstehen, die mein Kingsize-Drehtabakzigaretten rauchender Freund da von sich gab. Ich glaubte zwar, dass er in groben Zügen das Gesagte verstanden hatte, aber um ehrlich zu sein, war ich auch nicht scharf darauf, es herauszufinden. Schon kurz darauf kam drüben die Feuerwehr und ich wollte mich nur noch hinlegen. Was passiert war, war passiert.

This is the end …

Das Nächste, was ich wahrnahm, waren französische Stimmen. Ich streckte den Kopf aus dem Bivvy und im Schlamm standen zwei Polizeibeamte. „Besitzen Sie einen VW Van, Sir?”. „Ja“, antwortete ich. „Er ist kaputt, komplett ausgebrannt“. Meine Antwort fiel unerwartet aus, denn ich brach in schallendes Gelächter aus. Am vorhergehenden Abend hatte ich ein Bild des 28-Kilo-Fisches in den sozialen Medien gepostet. Vielleicht war es nur ein Zufall. Und ein weiterer kleiner Zufall war vielleicht das illegale Karpfenboot, dass direkt über meinem Spot geankert hatte, als wir am frühen Nachmittag wieder von der Polizeiwache kamen, mitten unter der Woche. Das war nun offensichtlich und klar erkennbar das Ende dieser Session. Und nach Einbruch der Dämmerung wurde es noch schlimmer, denn überall um die Zone herum, die ich beangelte, erstrahlten Kopflampen von illegalen Karpfenpiraten, die in ihren Booten überall in der Nähe meines Swims wie Geister erschienen. Das war es dann wohl für uns…

PECKS TAGEBUCH – Lost in France 2015 #4

Fußnote

So oft ich mir auch die Frage gestellt habe, ob die Sache mit dem Auto von anderen Karpfenanglern gemacht wurde: ich habe keine Beweise dafür. Und wenn man ehrlich ist, dann kann es auch sein, dass es nur ein paar Jugendliche auf der Suche nach Nervenkitzel waren, die die Motoren angezündet haben. Wie auch immer, mir ist es egal. Ich würde mir niemals von solchen Randalierern oder so etwas Verrücktem meine Angelei vermiesen lassen. Die Polizei informierte uns, dass Benzin als Brandbeschleuniger verwendet worden war und mittlerweile ist mir zu Ohren gekommen, dass in den französischen Nachrichten behauptet wurde, es wäre ein Batteriefehler gewesen. Das ist ärgerlich, denn es stellt mich in ein schlechtes Licht. Aber ich verstehe auch, dass wir hier über eine Touristenregion sprechen und dass es leichter ist, die Dinge so hinzustellen. Ich kann nur von mir aus sagen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass beide Fahrzeuge gleichzeitig dadurch in Brand gerieten, weil sie jemand angezündet hat. Aber es ist vorbei, ich bin zuhause, ich bin in Sicherheit, ich habe es überlebt und kann diese Geschichte erzählen. Seit ich den Bericht des legendären Rod Hutchinson gelesen habe, hatte ich mich danach gesehnt, den Orient zu befischen. Und nun kann ich meine eigene Geschichte erzählen.

Alles Liebe

Pecky

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