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Pecks Tagebuch / 03.01.2020

PECKS TAGEBUCH: Winter in England...

Wie jedes Jahr um diese Zeit wird es schwieriger, an gutes Material für diese Kolumne zu kommen, denn das Angeln auf Karpfen im kalten Wasser ist meist eine zermürbende Angelegenheit. Wäre ich schlauer, dann würde ich die Erfolge der Warmwetterperioden nochmal herauskramen und darauf herumreiten... Bin ich aber nicht...

Und so werde ich mich voraussichtlich von dieser Arbeit ein bis zwei Monate freistellen lassen, da ich ohnehin im Januar und Februar nichts Großartiges geplant habe. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe das Angeln im Winter, aber wenn man so oft wie ich draußen ist, bleiben die meisten anderen Sachen in der Zwischenzeit liegen. Um überhaupt etwas anderes als Angeln auf die Kette zu bekommen, muss ich einen klaren Plan haben. Beispielsweise habe ich letztes Jahr begonnen, ein zweites Buch zu schreiben, aber von einem Ende bin ich noch meilenweit entfernt. Vielleicht erinnert Ihr Euch noch, wie ich letztes Jahr sagte, dass ich mich da reinhängen werde, aber trotzdem habe ich ganz nebenbei noch zwanzig Nächte geblankt. Mal sehen, was für Fortschritte ich dieses Jahr mache. Aber wenn das Wetter gut ist… ich will ehrlich sein: Es wird mir schwer fallen, mich zusammen zu reißen!

Bin ich ein schlechter Angler?

Letzten Monat berichtete ich Euch darüber, was ich im Welly gefangen habe. Niemand hätte erahnen können, wie schwer die ganze Angelegenheit noch werden würde. Natürlich war ich überglücklich, diesen Schupper von 50 Pfund gefangen zu haben, aber insgesamt scheint es mir, als hätte es noch etwas besser laufen können. Welly ist kein Ultra-Lowstock im eigentlichen Sinne, aber gleichzeitig kann er dich auch echt auf die Probe stellen. Aus irgendeinem Grund hatte ich mir eingeredet, ich würde da einfach so mit meinem Trolley anrollen, ein paar Choddys auswerfen und nach Lust und Laune die richtig Dicken rausdrehen. Um wirklich ehrlich zu sein: Am meisten enttäuscht war ich von der Art und Weise, wie ich bei meinen ersten Besuchen am Welly geangelt hatte. In mindestens drei Fällen habe ich Anzeichen von Karpfen schlicht ignoriert, nur um auf vermeintlich „produktiven“ Plätzen zu fischen, was normalerweise überhaupt nicht meinem Angelstil entspricht. In meinen Augen habe ich dadurch respektlos gegenüber der Wichtigkeit von sich zeigenden Fischen gehandelt – einfach schlechtes Angeln. Nachdem ich in den letzten Jahren sehr viel Zeit im Ausland geangelt hatte, hatte ich wohl vergessen, wie man diese extrem beangelten Syndikate in UK richtig angeht. Um das Ganze möglichst präzise zusammen zu fassen: Es fühlt sich an, als ob ich etwas aus dem Takt gekommen bin. Es gibt zeitgleich viele gute Angler am Welly und wenn du selbst die Fische nicht fängst, dann fängt sie schlicht und ergreifend jemand anderes. Als Dave Finn einen Fisch namens Scruffy Bob mit 61 Pounds und 12 Unzen fing, holte mich das letztendlich wieder in die Realität zurück. Genau diese Motivation hatte ich wohl gebraucht, um 2020 wieder voll durchzustarten. Ein 60-Pfünder im Vereinigten Königreich ist ein absoluter Ausnahmefisch, an dieser Stelle also meinen herzlichsten Glückwunsch an Mister Dave Finn!

Ein Wintergewässer muss her

Ihr fragt Euch nun, was ich in letzter Zeit gefangen habe? Immer wenn es schwer wird, dann mache ich mich auf den Weg zu meinem nahegelegenen Tageskartengewässer, dem Blasford Hill. Die malerische Kiesgrube von gerade einmal fünf Acres liegt in der Nähe des Broomfield Hospital, am Chelmer River. Bereits seit Jahren komme ich im Winter hierher und beobachte dabei, wie jedes Jahr die Fische größer und größer werden. Vor nicht allzu langer Zeit war der Hauptsee ein Gewässer für die gemischte Angelei und Ausnahmefische von über 20 Pfund waren eine absolute Seltenheit. In den letzten Jahren dünnte Neville – der Besitzer –  jedoch den Bestand kleiner Karpfen immer mehr aus und nahm immer mehr Weißfische aus dem See, wodurch der restliche Besatz regelrecht aufblühte. Es ist unmöglich, zu sagen, wie viele Karpfen hier im Endeffekt tatsächlich herumschwimmen, aber Neville glaubt, dass es mindestens 300 sein müssten. Dank dieser Bestandsdichte und der geringen durchschnittlichen Wassertiefe von gerade einmal 5 – 6 Fuß muss man lediglich den richtigen Spot aussuchen und schon kann man einen herrlichen Angeltag erleben. Schon oft konnte ich hier zahlreiche Fische in kurzer Zeit fangen – selbst, wenn es geschneit hatte. 

Über das Verwerten von Infos 

Da mein alter Kumpel Phil „The Can“ (= die Büchse) und ich schon lange nicht mehr gemeinsam fischen gewesen waren, schlug ich ihm vor, uns für eine gesellige kurze Nacht am Blasford Hill zu treffen. So wollte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen, mich endlich wieder mit meinem Kumpel zu treffen, zum anderen, die Chancen auf die so notwendigen Bilder für diese Kolumne zu verdoppeln – eine klare Win-win-Situation eben! Vor dieser Session war Dave Finn mit dem Sponsoring-Koordinator von Korda, Tom Rositer, in Blasford gewesen, um ein kurzes Video über dessen Fang von Scruffy Bob zu drehen. Leider vergaß ich, diese Info an Phil weiterzugeben. Warum? Weil Tom vier Fische in einer etwas tieferen Bucht am oberen Ende des Blasford gefangen hatte und bei meiner aktuellen „Leistung“ am Welly konnte ich jede Hilfe gebrauchen, die ich bekommen würde. Wir kamen um 7.30 Uhr morgens am Tor an, pünktlich zur Öffnung. Kein Angler saß an der tiefen Bucht, also musste ich nur noch Phil dazu bringen, nicht dorthin zu gehen. Als wir die Barrows entlang des Sees schoben, hielt ich am auserkorenen Angelplatz an… er jedoch auch. Ich ging mit ihm am Ufer entlang und zeigte ihm den Platz, den ich normalerweise am liebsten beangle. Hier erzählte ich in großen Worten, welch schöne Sessions mir an diesem Swim in den letzten Wintern vergönnt gewesen waren. „Ok, dann fische ich hier“, sagte er. „Nun gut, dann gehe ich in die Bucht“, erwiderte ich.

Sie haben das Ziel erreicht

Zurück in meiner Bucht, montierte ich Naked Spinner Rigs mit einem Boom von 7 Inches, die ich jedoch direkt an die Fluorocarbon-Hauptschnur und nicht an einen Leader band. Als ich dies gerade machte, ereilte mich ein kleiner Schockmoment, da ich dachte, ich hätte einen Fischotter (eine regelrechte Katastrophe an englischen Gewässern) innerhalb des Schutzzauns gesehen. Aber es war nur Molly, der hauseigene Nerz, der sich gerade sein Frühstück schmecken ließ.

Die erste Rute beförderte ich mit einem Unterarmschwung ans Ufer zu meiner Rechten und schon beim zweiten Versuch setzte die Montage sauber auf Grund auf. Nachdem das Rig gut lag, fütterte ich ein Dutzend 10mm Prototyp-Boilies hinterher und noch bevor ich den Bobbin einhängen konnte, schoss mir die Schnur durch die Finger. „Phil, kannst du mir mal einen Kescher bringen?“, rief ich. Der Fisch fühlte sich für diesen See verdammt schwer an und schon kamen Bilder von einem Winterfisch mit über 30 Pfund in meinem Kopf hoch. Bei näherer Betrachtung stellte er sich aber später als ein, in der Afterflosse gehakter, niedriger 20-Pfünder heraus. Das passierte mir nun schon zum vierten Mal im Jahr 2019! Aber obwohl der Fisch nicht zählte und ich ihn ohne ein Foto wieder schwimmen ließ, war er in meinen Augen doch ein gutes Zeichen für den Rest des Tages. Gewiss sollten einige andere in diesem Areal sein, wenn ich bereits Sekunden nach dem Auswerfen schon einen gehakt hatte – wenn auch im falschen Körperteil. Im weiteren Verlauf des Morgens kamen in der Nähe meiner Angelstelle ein paar Bläschen an die Oberfläche und ich legte mein Rig genau dort ab. Aber abgesehen von einem kräftigen Schnurschwimmer brachte auch das nichts. 

Bei Phil lief es nicht viel besser und vielleicht fischte er auch ein bisschen zu nah an die Insel vor seinem Spot. Neville hatte erst kürzlich die Bäume zurückgeschnitten und aufgrund dessen war es nun möglich, sehr nahe an die Insel, beziehungsweise zu flach, zu angeln. Zudem verwendete er grellweiße und pinke Boilies, so dass die Möwen beständig nach seinen Ködern tauchten. 

Do it in the dark – Oder auch nicht

Bislang war in Blasford immer nur das Angeln tagsüber erlaubt gewesen. Heutzutage kann man aber auch nachts bleiben, wenn Neville dich mag. Bei 300 Fischen in einem derart kleinen Gewässer war ich absolut überzeugt, dass während dieser bisher illegalen Nachtstunden zumindest einer von uns verdammt nochmal etwas fangen müsste. Als wir in der Dämmerung Phils Ausrüstung von Anno Dazumal aufbauten, zeigte ein Fisch sich am anderen Ende seines Spots. In diesem Moment war mir das ziemlich egal, aber über Nacht schafften wir es tatsächlich, dass keiner von uns beiden einen einzelnen Piepser bekam. Ich erwachte ziemlich gerädert in den frühen Morgenstunden und das Innere meines Bivvy war mit Eis überzogen. So lag ich da mit meinem dicken Kopf und dachte darüber nach, wie sinnlos es ist, Alkohol zu trinken und wie sinnvoll, auch an einem so kleinen Gewässer wie diesem hier im Winter gründliche Location zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich einfach nur noch zusammenpacken, aber da das Tor erst um 7.30 Uhr geöffnet werden würde und ich bis dahin keine kalten Finger bekommen wollte, besann ich mich eines Besseren. So wollte ich bis 6 Uhr liegen bleiben und das mit dem guten Gefühl, dass ich ohnehin nichts ändern könnte. 

Das Zusammenpacken wurde zum Alptraum, aber noch vor 7.30 Uhr hatte ich mich dort installiert, wo Phil am Vortag den Fisch gesehen hatte. Phil würde bald mit seiner Arbeit als Gipser anfangen, war aber noch vor Ort, als ich die Ruten auswarf. Es gab ein offensichtliches Feature: eine Insel zu meiner Rechten und einen überhängenden Busch am gegenüberliegenden Ufer direkt dahinter. Der Fisch, den Phil gesehen hatte, zeigte sich in einer Linie mit genau jenem Busch, also flog die erste Rute mit einem kleinen Bag voll Cell-Crumb an genau diesen Spot. Als ich gerade dabei war, die Rute zu legen, sahen wir beide einige Bläschen, ebenfalls in einer Linie mit dem vorher beschriebenen Busch. Die zweite Rute legte ich also dort ab und sofort gingen die Schnurschwimmer los. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich es noch nicht, aber wir hatten soeben die Mutter aller Karpfennester entdeckt! Ungefähr eine Stunde später kam dann der erwartete Biss und nach einem kräftigen Drill landete ich einen schönen Schupper von 22 Pfund. Nur kurz, nachdem ich die Rute erneut geworfen hatte, lief sie schon wieder ab und ein sehr kleiner Spiegler kam zum Vorschein. Schon vor dem Biss hatte ich konstant Schnurschwimmer an dieser Rute bekommen, auf der Rute hingegen, die geradewegs in Richtung des Busches lag, keine. Nachdem ich also auf den jetzigen Hotspot geworfen hatte, legte ich eine dritte Rute auf exakt dieselbe Distanz, nur etwas weiter nach links, was dazu führte, dass meine beiden Bobbins unablässig hin und her hüpften. Vermutlich hatten wir den kompletten Seebesatz direkt vor uns. 

Der nächste Biss kam auf wieder auf dieselbe Rute und der Fisch fühlte sich gleich viel besser an. Er stand tief unter der Rutenspitze und grub sich mit dem Kopf in den Schlamm, wodurch er dichte, schlammige Wolken voller Unrat vom Gewässergrund aufwirbelte. Einen kurzen Moment dachte ich, ich könnte vielleicht einen der wenigen 30-Pfünder des Sees am Band haben, aber er war ein wenig kleiner – die Waage pendelte sich bei etwas unter 27 Pfund ein. Nun hatte ich also meinen Spaß und die Fische bissen in schöner Regelmäßigkeit, circa alle Stunde. 

Erst denken, dann handeln

Neville kam am frühen Nachmittag an meinem Platz an und erklärte, dass er um 16 Uhr das Tor schließen würde. Ich hatte demzufolge zwei Möglichkeiten: Entweder, jetzt direkt zu packen, oder, eine weitere Nacht zu bleiben. Ich amüsierte mich einfach zu sehr um zu gehen und so beschloss ich, weiter zu machen. Zunächst stellte sich das als die richtige Entscheidung heraus, denn ein konstanter Strom von 20-Pfündern zierte mein Netz von innen. Als es jedoch dunkel wurde, wurde es bitterlich kalt und meine Jogginghose war klatschnass, weil ich den ganzen Tag über die verflixten Fische fotografiert hatte – meine besch…. Wathose hatte ich natürlich vergessen!

Hier stand ich nun, nur ein paar Meilen von meinem Zuhause und einer heißen Wanne entfernt, eingeschlossen, ohne Essen und trockene Klamotten. Als ich um circa 22 Uhr zehn Fische gefangen hatte, entschied ich, dass es nun genug Spaß gewesen war und kurbelte die Ruten ein, aber ohne die Seligkeit des Alkohols und ohne warmes Essen setzte mir die Kälte echt zu. 

Um 6 Uhr in der Früh schnickte ich die Ruten wieder hinaus und während ich zusammenpackte, wartete ich auf den unvermeidbaren letzten Karpfen. Ein paar Jungs drehten gerade eine Episode für das Total Carp Magazine und Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie scharf sie darauf waren, an diesen dicht gepackten Spot voller Karpfen zu kommen. Da sie insgesamt sehr nett gewesen waren, mir beim Fotografieren geholfen und mich ansonsten in Ruhe gelassen hatten, räumte ich, sobald ich meinen letzten Fisch gefangen hatte, so schnell wie möglich das Feld. Vor meinem Spot stapelten sich die Fische und der Rest des Sees wäre eine regelrechte Zeitverschwendung gewesen. 

Das war es also wieder, mein Update für Euch. 

Bis bald,

Pecky

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