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+ Stories / 11.05.2020

Von Glück und Unglück #2 - das Carplifer-Pärchen auf einem Roadtrip

Im ersten Teil habt ihr bereits gelesen, wie uns das Chaos zum Anfang unserer Tour im Griff hatte. Doch wir konnten den Code des wahrscheinlich öffentlichsten, öffentlichen Gewässers knacken. Und in diesem Teil der Story lassen wir dich daran teilhaben, wie wir uns an die Gegebenheiten anpassten. Viel Spaß!

Große Distanzen, große Verantwortung

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es klug gewesen wäre, ein paar Backleads in die Distanzschnüre einzuclippen, bevor wir uns mit der Aussicht auf ein paar Stunden Ruhe hinlegten. Nur eine Stunde nachdem wir eingeschlafen waren, pfiff die erste Distanzrute ab, dann die zweite und dann auch noch die dritte. Offensichtlich handelte es sich hierbei nicht um einen Triple-Biss, sondern ein großes Segelboot hatte mit seinem Steuerruder unsere Schnüre eingesammelt und riss uns nun mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit die Schnur von den Rollen. Wir schrien dem Hobbykapitän auf Französisch zu: „Attention. Regarde lignes de peche!”, aber er schien nichts von dem Chaos mitzubekommen, das er da gerade anrichtete und segelte einfach weiter. Schließlich rissen zwei der Schnüre ab und die dritte löste sich vom Schwert des Schiffes. 

Das war ein absolutes Desaster! Da hing nun über einen Kilometer abgetrennte Schnur mit einem intakten Rig am Ende im See. Was, wenn ein Fisch sich haken und anschließend mit über 500 Metern Schnur herumschwamm? Moralisch wäre das unmöglich und da wir der Ansicht sind, dass das Angeln auf so große Distanzen auch große Verantwortung mit sich bringt, mussten wir die Schnüre aufsammeln. Egal, wie lange es dauern würde. Nach einem halben Tag des Fischens auf unsere Schnüre mit einem Nothaken gelang es uns schlussendlich, beide wieder zu finden und sie zurück auf die Rollen zu spulen – wahrlich nicht die Angelei, auf die wir es an diesem Tag abgesehen hatten!

Schlafrhythmus anpassen – schlafen, wenn nichts beißt

Nach dieser Aktion holten wir die verbliebenen Ruten auch noch ein und legten uns in die Schlafsäcke, um den so benötigten Schlaf nachzuholen. Am Nachmittag erwachten wir wieder und begannen mit den Vorbereitungen für die kommende Nacht. Frisches Futter, Schlagschnüre und Rigs wurden vorbereitet und um 19 Uhr legten wir unsere Ruten erneut. Dieses Mal ließen wir jedoch die Rute vor dem Gebüsch weg, um so jegliches Chaos zu verhindern, wenn wir Fische ans Ufer drillten. Alle Ruten kamen wieder an die altbekannten Plätze der vergangenen Nacht, mit dem kleinen Unterschied, dass der weiche Spot mittig im Krautfeld diesmal viel härter war. Offensichtlich hatten die Fische das Areal – welches in der Nacht auch unser produktivstes war – gründlich blank geputzt und so war klar, dass wir hier erstens wieder kräftig füttern wollten und dass es sich zweitens: hierbei um den Hotspot der Session handeln würde. 

Um 22 Uhr kam dann der erste Biss, überraschenderweise aber vom Spot an den Bootsanlegern. Kurz darauf konnte ich einen Schuppenkarpfen der unteren 20-Pfund-Klasse landen. Nur 45 Minuten später legte aber schon der Hotspot los und wie schon in der Nacht zuvor, grub sich der Fisch fast augenblicklich im Kraut ein. Also sprangen wir beide wieder ins Boot, pumpten uns über den Karpfen und nachdem wir ihn aus dem Kraut gelöst hatten, drillte Claire ihn normal weiter. Er stand tief unten und zog uns weite Strecken über den Spot. Schon seit fünfzehn Minuten hatten wir ihn nicht zu Gesicht bekommen und ich war mir sicher, dass es ein Guter war. Letztendlich durchbrach dann aber zu unserem Erstaunen ein „nur“ 30-pfündiger Spiegler die Oberfläche. Nicht gerade der Riese, den wir nach so einem epischen Drill vor Augen hatten, aber dennoch ein schöner Karpfen. 

In dieser Nacht fingen wir insgesamt fünf Karpfen. Drei davon kamen für Claire vom Hotspot, einer für mich vom Anleger und schließlich noch einer von einer meiner Distanzruten am Rand des Krauts. Claires 30er sollte der beste von allen bleiben. 

Komm, wir fangen uns ein Boot!

Da wir nicht denselben Fehler wie am vorhergehenden Tag machen wollten, klippten wir an alle weiten Ruten Backleads, bevor wir uns schlafen legten – aber auch das funktionierte leider nicht, denn um 10 Uhr liefen wieder alle drei Ruten wie wild ab. Die Backleads hatten versagt. Es musste an unseren Schnüren liegen, die weit oben über das Krautfeld vor uns lagen, aber das „Wie?“ und „Warum?“ spielte zu diesem Zeitpunkt keinerlei Rolle, denn wir waren wieder in Teufels Küche!

Wir hielten unsere Ruten mit geschlossener Bremse fest und zu unserer Überraschung bewegte sich das Boot nicht mehr. Ich sagte noch im Spaß zu Claire: „Komm, den kurbeln wir jetzt rein!“. Als wir beide synchron zu kurbeln begannen, um gleichmäßigen Druck aufzubauen, bewegte sich dann tatsächlich – zu unserer großen Verwunderung – das Segelboot in unsere Richtung! 

Wir lachten uns schlapp und das Boot nahm auf seinem Kurs, auf uns zu, Fahrt auf. Die Crew hatte keinen blassen Schimmer, was hier gerade vor sich ging, aber nachdem wir sie mitsamt ihrem Kahn 50 Meter rückwärts gezogen hatten und sie sahen, wie wir sie vom Ufer aus an uns herandrillten, hoben sie das Schwert und all unsere Schnüre wurden intakt wieder freigegeben. Oft werde ich gefragt, wie haltbar die Scope Ruten sind. Nachdem ich ein Segelboot damit reingedreht habe kann ich besten Gewissens sagen: Scopes machen alles mit!

Warum tagsüber, wenn es nur Struggle gibt?

An diesem Punkt war uns klar, dass es nicht möglich war, die Distanzspots am Tage zu befischen. Aber da wir fünf bis sechs Karpfen pro Nacht fingen, sollte uns das nichts ausmachen und war es vor allem das ganze andere Drama nicht wert. Ohne die weiten Ruten genossen wir einen friedlichen Tag; wir entspannten uns mit einem kalten Bier aus der Segelclub-Bar bei 30 Grad Hitze und ich holte einige Arbeit an meinem Laptop nach. Plötzlich schrie der Bissanzeiger meiner Uferrute los, aber nicht durch einen Karpfen. Ein Hechtangler hatte vom Ufer aus über meine Schnur geworfen und hatte sie versehentlich eingekurbelt. „Kein großes Drama“, dachte ich mir, als er plötzlich sein Messer zückte und die Schnur, direkt vor mir, einfach durch schnitt! Ich konnte einfach nicht glauben, was ich da gerade gesehen hatte. Ich stellte lautstark seine Englischkenntnisse auf die Probe, er aber murmelte nur etwas auf Französisch und schritt von Dannen. Ich war absolut angepisst! Nur selten rege ich mich darüber auf, dass meine Schnur eingesammelt wird, denn das passiert eben hin und wieder an öffentlichen Gewässern. Wenn man sich dabei jedes Mal aufregt, dann ist die Angelei an dieser Art Gewässer einfach nichts für einen. Aber das hier war etwas komplett anderes. Er hatte meine Schnur abgeschnitten und nun würde es mich Stunden kosten, sie wieder zu finden, um nicht ein fangfähiges Rig im See liegen zu lassen. Ok, es kostete mich tatsächlich nur 20 Minuten es zu finden, aber jetzt war mir endgültig klar, dass wir tagsüber überhaupt nicht angeln konnten, ohne ein Drama heraufzubeschwören. 

Wir hatten in den Nächten zuvor gut gefangen und da wir am folgenden Morgen ohnehin  zurück nachhause aufbrechen mussten, war mir das Angeln tagsüber sowieso mehr oder weniger egal. Der letzte Abend brach also an und wie eine gut geölte Maschine brachten wir die Ruten wieder auf die Spots. Claires Hotspot war mittlerweile so von den Fischen bearbeitet worden, dass das Blei mit einem deutlichen „Klok“ auf dem Boden aufkam.  Wir wussten einfach, dass uns diese Stelle in der letzten Nacht noch einmal beschenken würde. 

Bisse auf Ansage

Um 22 Uhr waren wir in Lauerstellung auf den ersten Lauf und tatsächlich lief nur 20 Minuten später der Hotspot an. Claire drillte souverän einen Schupper von etwas über 20 Pfund ans Ufer. Als nächstes war die Rute am Bootsanleger an der Reihe, mit einem brachialen Biss, der meine Rute aus der hinteren Halterung riss. Ich kam gerade noch rechtzeitig bei der Rute an, um sie vor dem Untergang zu bewahren. Der Fisch zog mit phänomenaler Geschwindigkeit Schnur von der Rolle und ich konnte spüren, wie die Schnur an einer der Bojenketten entlang scheuerte, die den Anfang des Anlegers markierten. Ich rief Claire zu, mit dem Boot herzukommen. Schnell fuhren wir in Richtung der Boje um die Schnur frei zu bekommen; der Fisch war mittlerweile ins Freiwasser davongezogen. Nachdem wir ihn so schnell wie irgend möglich wieder eingeholt hatten, pumpte ich nun über dem Fisch und die Scope bog sich im Halbkreis, während die Schnur von der Rolle tickte. Der Karpfen kämpfte wie ein Berserker und 15 Minuten später gelang es uns – in der Mitte des Sees – einen ersten Blick auf ihn zu erhaschen. Kurz darauf konnten wir einen Spiegler von circa Mitte 30 Pfund abschöpfen. Nachdem wir die Montage erneut auf dem Spot abgelegt hatten, fuhren wir zurück ans Ufer, den Fisch im Schlepptau. So warteten wir dann auf den nächsten Biss. Und keiner von uns hätte vorhersagen können, was als nächstes passierte.

Der Zauber der letzten Nacht

Zwei Ruten liefen gleichzeitig ab und sowohl Claire, als auch ich, drillten an je einer. Aber nur 30 Sekunden später nahm eine dritte Rute Fahrt auf. Zuerst dachten wir, einer der Fische hätte im Drill die Schnur aufgesammelt, aber die beiden zogen in ganz andere Richtungen, also war es ganz offensichtlich ein dritter. Wir begannen damit, abwechselnd den Druck auch auf dieser Rute aufrecht zu erhalten und drillten nebenbei noch die anderen Fische aus – ein absolutes Gemetzel!

Es gelang mir, als erster meinen Karpfen zu landen, einen weiteren kleinen Schuppi, also nahm ich die dritte Rute und begann zu drillen, während Claire ihren Fisch in Richtung Kescher manövrierte, einen langen und alten Fisch knapp unter 40 Pfund. In der Zwischenzeit erwachte der Fisch an meiner Rute kurz vor dem Ufer zum Leben und einige brachiale Fluchten später erschlaffte plötzlich die Schnur. Leider war der Haken ausgeschlitzt. Aber mit zwei Fischen im Netz hielt sich die Enttäuschung in Grenzen, vor allem, weil Claires Fisch ein absolutes Sahnestückchen war!

Wir entschieden uns dagegen, die Ruten nochmal neu auszubringen, da wir schon früh aufbrechen und den Hund noch zum Tierarzt bringen mussten, bevor es am Folgetag zurück nachhause gehen sollte.

Ende der Glückssträhne? Oder Ausgleich des Universums?

Morgens erwachten wir, noch ziemlich müde von den Ereignissen der Nacht, packten unsere Ausrüstung und machten einige Bilder von meinem Fang, einem wundervollen Spiegler mit großartigen Proportionen und Farben – einem echten Karpfenjuwel. 

Nach dem Zurücksetzen war es an der Zeit für Claires Fisch und bereits als sie ihn aus dem Wasser hob, konnten wir erkennen, dass er unglaublich lang war. Als sie ihn auf die Matte legte, füllte er diese buchstäblich komplett aus. Er war von dunkler Farbe, hatte einige Narben von früheren Kämpfen und man konnte einfach erkennen, dass es ein alter Fisch war. 

Nachdem die Sache mit den Bildern erledigt und unsere Sachen wieder im Auto waren, war es nun an der Zeit, zum Tierarzt aufzubrechen, um unsere Hündin zu entwurmen und einen Stempel für die Rückreise in ihren Ausweis machen zu lassen. Hierbei handelt es sich normalerweise um eine zügige Angelegenheit, aber schon nach wenigen Minuten beim Arzt konnte ich spüren, dass hier etwas nicht so lief wie geplant. Er erklärte mir auf meine Nachfrage hin, dass in unserem Hundeausweis kein Nachweis über die Tollwutimpfung vorhanden war. Ich erklärte ihm, dass das unmöglich sei, da wir das noch vor unserer Abreise bei unserem regulären Tierarzt getan hatten. Er beharrte aber darauf, dass der Stempel fehle und dass es somit drei Wochen lang unmöglich sei, mit dem Hund zu reisen. 

Das stellte uns vor ein großes Problem: Wir hatten Verpflichtungen in der UK an denen wir teilnehmen mussten. Meetings, Arbeit … unseren Sohn nicht zu vergessen. Ich versuchte, dem Mann das Doppelte zu bezahlen, um das Impfdatum auf einen früheren Zeitpunkt zurückzusetzen, aber er lehnte ab. Wir saßen richtig in der Sch…!

Wir hatten keine Ahnung, was wir als nächstes tun sollten. 101 verschiedene Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab, keines davon wirklich umsetzbar. Wir waren hier für die nächsten drei Wochen  gestrandet. 

War dies ein Fall von Gleichgewicht, von Ying&Yang und der inneren Harmonie der Welt? Oder war es so, dass hier schlechte Vorbereitung auf die Realität stieß?! 

Wartet es ab, mehr dazu im nächsten Teil!

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