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Deine Story / 07.07.2016

Martin Höpfel: Der Reiz der ganz großen Teiche

Es war März als ich meinen ersten Frühjahrstrip an die großen Teiche plante. Das erste Verlangen nach Fisch und Wasser wurde allerdings schon Anfang des Jahres bei einem Thailandtrip befriedigt. Zwar stand bei diesem Trip eher Kultur, Reiselust und Wakeboarden weit oben auf der Liste, doch eine kleine Reiserute samt ausgewählter Köder kann ja nicht schaden, dachte ich mir beim Packen meines Koffers.

Der Reiz lockt selbst im Paradies

Eine Traumhafte Zeit wurde mit vielen verschiedenen Fischarten wie Snakehead, Wels, Barracuda, Giant Travelly, Bonitos und Yellowfin Tunas gekrönt. Aber trotz all dieser Wahnsinns Fischen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, sehnt man sich doch immer wieder nach den heimischen Gewässern und dem Karpfenangeln mit all seinen Facetten.

Den Wellenbädern verfallen

Dieser Passion gehe ich immer seltener an kleinen Vereinsteichen nach, sondern orientiere mich seit einigen Jahren in eine etwas andere Richtung. Um das zu finden, wonach ich beim Karpfenanglen suche, zieht es mich fast nur noch an die ganz großen Seen im Nord-Osten der Republik. An die Wellenbäder, Männerwasser, Grand Lacs, Binnenmeere oder wie man sie sonst noch nennen mag.

Hier hat man noch ganz viel Wasser für sich alleine, kann die Ruhe und den Frieden der Natur genießen, das Gefühl von Freiheit spüren, Entdeckerlust ausleben und Abenteuer finden.

Wo angeln auf 1000 Hektar?

Wir alle kennen strukturreiche, badewannenähnliche, trübe oder klare Seen mit verkrauteten, schlammigen oder sandigen Untergrund. Je nach Gegebenheit stellen wir unser Angeln oft schon im Vorfeld auf das Gewässer ein. Ein großer Natursee mit über 1000 Hektar bietet mit seinen unterschiedlichen Bereichen hingegen oft all diese Merkmale.

Wenn man sich diese Seen genauer anschaut, findet man in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Böden, Tiefen, Strukturen oder Krautbewuchs. Dies kann man sich zu Nutze machen, um in den verschieden Jahreszeiten und Situationen erfolgreich zu sein.

Ein Binnenmeer im Wandel der Jahreszeiten

Los geht es bei mir meist im März. Die ersten Sonnenstrahlen erwärmen das Wasser und die Gemüter der Wasservögel und natürlich auch der wärmeliebenden Karpfen.

Voll motiviert begebe ich mich vor jeder Session einer neuen Saison in meinen heiligen Keller. Es bedarf einer Menge Organisationstalent wie ich finde, bei den ersten Sessions nichts zu vergessen, dies liegt mir wohl nicht so, denn ich vergesse meist trotzdem etwas. Bezogen auf die unterschiedlichen Situationen, die ich beim Fischen angehe, ist das jedoch nicht verwunderlich.

Im Frühjahr vom Boot

Das Bootskarpfenangeln ist meine bevorzugte Angelei im zeitigen Frühjahr. Durch einen schwimmenden Untersatz ist man sehr flexibel in der Platzwahl und kann schnell auf äußere Einflüsse oder ziehende Fische reagieren. Bei der Bootsausrüstung wäre es also besonders fatal etwas zu vergessen. Die Vorbereitung ist hier sehr aufwendig, denn man muss an Anker und Leinen denken, Motor und Benzin, Boots-Rod-Pod und entsprechende Befestigungsutensilien. Ganz wichtig ist natürlich auch beim Bootsangeln seine komplette Ausrüstung auf das Nötigste zu reduzieren. Schließlich herrscht an Board immer Platzmangel.

Saison 2016 – ich komme

Gerne möchte ich euch nicht nur aus der Theorie erzählen, sondern auch von meinen ersten Sessions in diesem Jahr:

Nach dem Slippen, Verdeck aufbauen und Boot beladen war ich relativ zügig auf einem der 1000-Hektar-Natursseen unterwegs. Als erstes wurden die Stellen angefahren, die bereits in den letzten Jahren Fische brachten. Zu dieser Zeit des Jahres sind das oft Stellen mit dunklem Sedimentboden.

Meine Vermutung ist, dass hier das erste Leben im Frühjahr entsteht. Der dunkle Boden nimmt meiner Meinung nach schneller Wärme auf und kann sie auch speichern. Hier verraten sich Fische durch dicke Schlammwolken, doch dieses Mal waren keine Karpfen in Sicht nur Bassen und Schleien. Erschwerend kam hinzu, dass das Wetter nicht konstant blieb: Regen, Frost, Sonne und wieder Schnee, machten meine Session, die ohnehin schon sehr früh angelegt war, besonders heikel. Doch nichts ist unmöglich – auch nicht an so großen Gewässern.

Versuch macht klug

Ein neuer Plan musste her. Da ich zunächst nirgendwo Karpfen oder Spuren dieser ausmachen konnte, befütterte ich zunächst mehrere Spots und wollte am nächsten Tag neu entscheiden.

Aufgrund der vielen Mittesser halte ich mein Futter so grob wie möglich, das heißt Boilies in 24 mm aufwärts, lediglich mit etwas Belachan werden sie verfeinert.

Für die erste Nacht entschied ich mich für einen Bereich mit dem beschriebenen Sedimentboden. Wie immer, wenn ich etwas Neues angehe, kam ich nicht so recht in den Schlaf, meine Gedanken kreisten. Zu meinem leichten Schlafmangel kam eine Außentemperatur von Tags 4°, die nachts unter den Gefrierpunkt sank.

Der kurzen Nacht geschuldet, fühlte ich mich am nächsten Morgen ordentlich gerädert. Gebissen hat bei diesen Bedingungen natürlich nichts und auch die nächsten vier Tage blieb ich trotz Platzwechsel blank. Auf allen Plätzen immer das gleiche Bild: Zwar fand ich aufgewühlten Boden, zu sehen waren immer nur Brassen und vereinzelt mal ein Satzkarpfen.

Neuer See neues Glück

Den Anker zu lichten und aufzugeben, kam trotzdem nicht in Frage. Für mich ist freie Zeit draußen in der Wildnis die schönste Zeit. Also fiel meine Entscheidung auf ein neues Gewässer: Neuer See neues Glück - denn zwei Nächte blieben mir noch. An diesem Gewässer kannte ich eine Stelle, wo die abfallende Kante auch bei kaltem Wasser mit Kraut bewachsenen ist und zudem nicht weit entfernt vom Schilf liegt. Mein Plan war es dort sowohl flach als auch tief die Fische zu suchen. Zudem gibt es in diesem See Seerosen, die schon sehr früh im Jahr beginnen zu wachsen. Karpfen lieben Seerosen, also sind solche Bereiche definitiv Hotspots – gerade wenn sonst noch kein Krautwuchs herrscht.

Gefundene Hotspots wie Kanten, Spots mit wechselnden Untergrund, Krautlöcher oder Seerosenfelder speichere ich mir gern in meinem GS-fähigen Echolot ab. So finde ich auch bei Dunkelheit oder Sturm die Spots wieder.

5. Nacht - 5. Blank

Nach der ersten Nacht am neuen See sah das Ergebnis dieser Session nicht besser aus: 5. Nacht – 5. Blank. Dennoch, in der letzten Nacht wollte ich noch einmal alles geben und legte jede Rute um. Und auch dieses Mal wurde mein Einsatz und der Glaube an das, was man tut belohnt. Der erste Fisch war gelandet, jedes Mal aufs Neue faszinierend, wenn man bedenkt wie groß diese Gewässer sind und wie aussichtslos die Situation erschien.

April, April

Die nächste Session startete ich Anfang April. Es war zwischenzeitlich wärmer geworden aber die Wetter-Apps kündigten nichts Gutes an.

Regen und ein Temperatursturz können sich im Frühjahr fatal auf das Beißverhalten auswirken. Die Vorahnung bestätigte sich am zweiten Tag: Die Wassertemperatur sank um fünf Grad und ich fuhr ohne Fisch in Richtung Heimat. Aus Misserfolgen lernt man und lernt obendrein, auch die Fische ein wenig besser zu verstehen. Fazit: Die beste Jahreszeit bringt nichts - wenn das Wasser einfach noch zu kalt ist.

Die nächste Bootssitzung plante ich schon zwei Wochen später mit Karsten, ein guter Freund, Angel-Buddy und der Eigner des Kahns, mit dem wir unterwegs waren.

Zu zweit ist alles leichter

Zu zweit ging das Slippen und Beladen deutlich schneller und leichter von der Hand. Mitte April, wo die Kleinstlebewesen wie Bachflohkrebse, diverse Muschelarten sowie Zuckmückenlarven wieder ins Kraut zurückkehren, angelten wir in neuen Krautlöchern und an den Schilfkanten.

Nach unserem zweiten Stellenwechsel konnte Karsten in der ersten Nacht an neuer Stelle einen schönen Fisch landen. Am nächsten Tag verlor er einen Fisch, konnte aber auch noch einen Biss verwandeln. Ja, hier ist es oft so, dass die Fische von einer Seite kommen. Ich saß wohl auf der anderen…

Vor langer Zeit trafen wir mal eine Abmachung, wonach bei unseren gemeinsamen Sessions keiner mit leeren Händen nach Hause fahren sollte. So gab mir Karsten beim letzten Biss des Trips die Rute in die Hand und ich konnte auch einen guten Fisch landen.

Gerade der Zusammenhalt sollte die Karpfenangelei bestimmen: Gemeinsam genießen, Spaß haben und zusammen Abenteuer erleben. Ich bin stolz darauf, dass das bei meinen Freunden und mir auch wirklich so ist.

Nichts Neues im Mai

Das Wetter entwickelte sich auch Anfang Mai nicht wirklich zum Besseren, dennoch konnte ich mich auch dieses Mal nicht zurückhalten loszufahren.

Mein Mut - auch trotz schlechter Prognose - aufzubrechen, sollte sich dieses Mal lohnen. In dieser Session konnte ich zwei ordentliche Schlappen landen. Bis jetzt stellen diese Fische die Krönung meines Frühjahrs dar.

Nur wenige Tage später schlug das Wetter wieder um. Mit den wärmer werdenden Temperaturen fanden sich die Fische rasch zum Laichspiel zusammen. Dieses phänomenale Schauspiel läutete für mich das Ende des Frühjahrs ein. Nach der Laichzeit verändert sich die Situation an den großen Naturseen, das Uferangeln wird wieder attraktiver und aussichtsreicher, doch das ist eine andere Geschichte.

Der Reiz ist größer denn je

Ich blicke nicht auf den erfolgreichsten Jahresanfang zurück, aber wieder auf einen sehr lehreichen. Nicht immer läuft es so, wie man es sich zu Hause vorstellt, doch das macht für mich den Reiz erst aus: An den großen Teichen ist nichts berechenbar – doch immer alles möglich! Diese Ungewissheit treibt mich raus – wieder und wieder.

Martin Höpfel

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