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Nachgehakt / 14.05.2015

Nachgehakt – James Turner, ein Produktentwickler packt aus!

In den vergangenen Monaten reihen sich die Pressemitteilungen mit neuen Produkten von Korda. Neben dem innovativen COG-Bleisystem oder dem Heli Safe haben neue Hakenformen, geflochtene und monofile Schnüre, Kleidung und eine ganze XT-Range für extreme Situationen am Wasser das Licht der Welt erblickt. Dahinter steckt eine Menge Arbeit.

Wir haben bei James Turner nachgehakt, wie der Prozess der Produktentwicklung abläuft. James Turner ist eines der neuen Gesichter bei Korda. Fans des UK-Angelns ist er längst durch seine Features bekannt. Nach einiger Zeit als Teammitglied beschloss er, seinen Job in der Sicherheits-Branche aufzugeben, um sich auf ein neues berufliches Abenteuer einzulassen: Produktentwicklung! Eine gute Gelegenheit, ihm auch zu seinem vermeintlichen Traumjob genauer auf den Zahn zu fühlen.

Carpzilla: James, erzähle uns doch bitte, was genau du in deinem Job bei Korda machst, und wie du dazu gekommen bist.

James Turner: Die Zusammenarbeit mit Korda begann vor etwa drei Jahren, als ich dort Teammitglied wurde. Zu dieser Zeit schrieb ich regelmäßig Artikel in verschiedenen Magazinen und war auch in die Produktion der „Thinking Tackle“-Serien involviert. Damals arbeitete ich noch in Vollzeit in einem Eventsicherheits-Unternehmen. Als dann aber ein Job in der Produktentwicklung bei Korda frei wurde zögerte ich nicht lange und wurde kurzerhand eingestellt.

Ich bin es gewohnt, sehr strukturiert und organisiert zu arbeiten. Ich habe einige Qualitäten, die sich in der Arbeit mit Tom Dove, der die Produktentwicklung leitet, hervorragend ergänzen. Er ist äußerst kreativ und hat extrem viele gute und innovative Ideen. Durch unsere Zusammenarbeit entsteht eine sehr effektive Mischung aus beiden Welten – kreativem Chaos und organisierten Arbeitsabläufen.

CZ: Ich kann mir gut vorstellen, dass es eine Menge Arbeit ist, immer wieder neue Produkte zu entwerfen, obgleich der Markt schon so weit vorangeschritten ist. Wie läuft das bei euch?

JT: Zuallererst eines vorweg: Wir machen die Arbeit ja nicht ganz ohne Hilfe. Es gibt Teamangler, auf die wir uns verlassen können, wenn es nötig ist. Damian Clarke zum Beispiel, Betriebsleiter bei Korda, gibt uns immer wieder Input, wenn es um neue Ideen geht. Das Gleiche gilt für Man Kit, der ganztägig mit der Entwicklung von neuen Produkten im Sektor Bekleidung beschäftigt ist. Adam Rooney unterstützt uns zudem bei der Entwicklung neuer Produkte für die Firma GURU, eine Tochter von Korda, welche Produkte für die moderne Friedfischangelei vertreibt.

Wichtige Anregungen bekommen wir auch oftmals von Anglern, die besonderen Situationen am Wasser ausgesetzt sind, in denen wir selbst nicht fischen. Beispielsweise, wenn wir Produkte entwerfen, die für die Angelei an großen, französischen Stauseen gedacht sind, geben uns Bruno Medou oder Christopher Paschmanns und ihre Teams den so wichtigen Input. Dann ist es sinnvoll, Angler in die Entwicklung einzubeziehen, die selbst oft an solchen Gewässern angeln. Sie kennen die Gegebenheiten und Probleme, mit denen Angler dort konfrontiert werden, und sind uns häufig eine große Hilfe bei der Problemlösung.

CZ: Erzähl uns doch mal, wie ein normaler Arbeitstag in deinem Beruf aussieht.

JT: Einen normalen Tag gibt es eigentlich gar nicht. Wir haben jeden Tag so viele unterschiedliche Dinge die wir tun, oder tun wollen, dass es kaum so etwas wie Gewohnheit gibt. Am Ende des Tages ist es besonders wichtig, dass die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten klappt. Oftmals wird vergessen, dass wir nicht einfach irgendwo in Fernost etwas bestellen und das Produkt in der Woche darauf auf den Markt kommt. Es wird ausgiebig getestet und verändert, bis alles passt. Manchmal dauert das Jahre, oder es fühlt sich zumindest so an. In der Zeit können wir uns dann wieder mit anderen Produkten beschäftigen.

Wenn mit einem Produkt im Stichprobentest etwas nicht in Ordnung ist, kann das soweit gehen, dass wir eine komplette Charge zurücksenden. Schließlich wollen wir keine Produkte auf den Markt bringen, die den Anforderungen nicht gewachsen sind. Ehrlich gesagt kann das schon mal ganz schön frustrierend sein. Wenn du diesen Job gut machen willst, wenn er dich erfüllen soll weil du weißt, dass du etwas erschaffst, dann brauchst du vor allem eines: Geduld! Und davon nicht zu knapp...

CZ: Das klingt jetzt aber fast nach einem reinen Schreibtischjob. Dabei denken immer noch die meisten Menschen, dass ihr den ganzen Tag nichts macht, als zu angeln?!

JT: (lacht) Sicher, manchmal werden wir auch rausgelassen und dürfen uns am Wasser austoben. Immerhin wollen Produkte auch getestet werden. Das machen auch ausgewählte Teamangler für uns. Wie schon gesagt, wir wollen ein Feedback von Leuten, die es auch wirklich geben können. Sensible Kleinteile für extreme Weitwürfe geben wir zum Beispiel Wurfmaschine Darrell Peck in die Hände. Neues in der XT Range, zum Beispiel die lange erwarteten XX-Haken, kann Damian Clarke am Rainbow auf Herz und Nieren testen. Doch der beste Weg zu einem guten Ergebnis ist, den Test am Wasser selbst auszuführen. Nur so bekommen wir ein Gefühl für das Produkt.

Wir sind alle selbst engagierte Angler, von daher testen wir die Produkte auch in unserer Freizeit. Wenn wir beispielweise wissen wollen, ob ein neues Bleisystem anfällig für Verwicklungen ist, oder wie eine Hauptschnur sich beim Werfen verhält, macht es mehr Sinn, einen kompletten Tag mit werfen zu verbringen, als normal angeln zu gehen oder eben im Büro zu hocken...

CZ: In den letzten Jahren kamen aus dem Hause Korda eine ganze Menge innovativer Produkte. Gehen die Ideen dafür auf dich zurück?

JT: Ich arbeite erst seit etwa einem Jahr in der Produktentwicklung – also nein, da fragt ihr mich am besten in ein paar Jahren nochmal, dann kann ich euch mit stolz geschwelter Brust meine Erfindungen aufzählen (lacht). Interessant für eure Leser ist sicher, dass einige Einfälle zu neuen Produkten natürlich direkt aus dem Hause Korda kommen. In anderen Fällen aber kommen auch Angler auf uns zu, die selbst eine Idee haben. Wenn diese Idee unserer Meinung nach brauchbar ist, arbeiten wir sie weiter aus. Manchmal entstehen die neuen Produkte also auch auf diesem Weg: durch direktes Feedback ganz normaler Angler, die ein Problem am Wasser haben und sich von uns eine Lösung erhoffen. Das alles passiert natürlich hinter den Kulissen. Die Person mit der Ursprungsidee wird natürlich auch entlohnt! Einfach nur etwas zu kopieren, ist absolut nicht unser Ding – das überlassen wir anderen...

CZ: Nun bist du ja eigentlich derjenige, der aus der „Warum“-Perspektive auf Produkte schaut. Kannst du uns zum Ende dieses Interviews noch einmal erklären, welche Gedanken in so einen Produktentwicklungs-Prozess einfließen, welche Fragen zu einem Produkt man sich vorab stellt und mit welchen Problemen ihr konfrontiert werdet?

JT: Ein gutes Beispiel für diesen Vorgang ist die Entwicklung des sogenannten Line Saver Bead. Auf den ersten Blick ist es wirklich ein sehr simples Produkt für die Nutzung eines Naked-Chod-Rigs – das ist extrem populär hier in UK. Viele Angler hatten bei der Verwendung dieses Rigs das Problem, dass durch den ungünstigen Winkel zwischen Blei und Vorfach im Drill die letzten Zentimeter der Hauptschnur beschädigt wurden. Manch einer verlor dadurch sogar einen Fisch. Um diese Problematik auszuschließen, entwarfen wir eine Art kleine Gummiperle mit Verjüngung, die eine Berührung des Wirbels mit dem Blei ausschließt. Wie erwartet, war das Ganze in unseren Köpfen viel einfacher, als die letztendliche Umsetzung in die Realität. Die Perle musste genau die richtige Größe haben, wollten wir doch einen kleinen Wirbel der Größe 11 darüber schieben können. Dies ermöglicht einen Vorfachwechsel, ohne dass die Schnur abgeschnitten werden muss. Trotzdem musste sie so groß sein, dass der Wirbel im Drill eines Fisches nicht darüber rutscht. Dadurch, dass wir hier von Hundertstel-Millimetern sprechen, war die Sache tatsächlich recht schwierig. Da jedoch im Drill der Wirbel und die Schnur immer einen Winkel bilden, haben wir all das letztendlich aber doch erfolgreich in die Tat umgesetzt.

Damit allerdings noch nicht genug. Kopfzerbrechen bereitete uns vor allem noch die Größe der inneren Bohrung. Hier wurde besonders viel herumprobiert, denn dieser Durchmesser musste zu den unterschiedlichen Schnurdurchmessern passen. Wir wollten ein und dieselbe Perle für alle Schnüre, ungeachtet des Durchmessers verwenden können. Wir haben wirklich viel herumprobiert und getestet, aber am Ende hat sich die Arbeit gelohnt und wir haben ein funktionierendes, universell einsetzbares Produkt geschaffen. Für uns ist das der wichtigste Punkt in der Produktentwicklung: Wir bringen nur Produkte auf den Markt, von denen wir voll und ganz überzeugt sind. Manche Ideen schaffen es nicht, weil sie einfach nicht umsetzbar sind. Andere feiern dann aber doch Release und wir sind besonders stolz und froh, wenn wir von Anglern am Wasser gutes Feedback bekommen.

CZ: James, wir bedanken uns für das tolle Interview mit tiefen Einblicken in die Produktentwicklung bei Korda.

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Partner
Nash Marc and Alan