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Carpzilla-News / 02.06.2018

Lasst die großen Fische schwimmen!

Große Fische entnehmen, während die Kleineren zurückgesetzt werden? Grundlegend falsch! Das beweisen nun Biologen aus Australien und Panama. Auch hier zu Lande stößt die Studie auf ein großes Interesse. Wir haben uns diesem Thema angenommen:

Die Wissenschaflter haben in ihrer Studie nämlich die Fruchtbarkeit von großen und kleinen Fischweibchen untersucht. Um es vorweg zu nehmen: Die größeren Weibchen sind im Vergleich zu ihren kleineren Artgenossen deutlich fruchtbarer, der Laich resistenter.

Evolutionsbiologen der Universität Sidney fanden heraus, dass ein fünf Kilogramm schweres Weibchen einen massiv größeren Einfluss auf die Gesamt-Nachkommenzahl in einer Population hat, als fünf Ein-Kilo-Weibchen. Dabei wurden Daten von 342 marinen Fischarten analysiert. Das Ergebnis: Bei 95% legten die großen Weibchen mehr Eier als kleinere Artgenossen. Auch die „Qualität“ pro Ei war oft deutlich besser.

"BOFFFF"

Fischereibiologen nennen dieses Phänomen BOFFFF. Die Abkürzung steht für „Big Old Fat Fecund Female Fish“, zu Deutsch: große, alte, fette, fruchtbare, weibliche Fische. Viele Biologen sind glücklich über die neue Studie. Zu Ihnen gehört Professor Robert Arlinghaus, tätig am Leibniz Institut für Gewässerökologie & Binnenfischerei und an der Humboldt Universität Berlin, der die Welt des Angelns erforscht. Denn die Studie belegt: Der Big-Mama-Effekt ist keine Ausnahme, sondern Regel!

Konsequenzen für die Praxis hier zu Lande

Angelvereine sollten aus dem BOFFFF-Effekt auch in der Praxis Konsequenzen ziehen. Mögliche Anpassungen an die Studie wären zum Beispiel die „Einführung von Maximalmaßen zusätzlich zu Mindestmaßen“, erklärt Arlinghaus. Auch mögliche Besatzmaßnahmen können so für Vereine geringer ausfallen, da die Population durch die großen Fische aufrechterhalten bleibt. Somit spart der Verein immens Kosten ein.

Mindestmaße & Schonzeiten – je nach Bundesland abweichend

In Deutschland besagt das Mindestmaß, dass Tiere zumindest einmal die Chance haben sollten, sich fortzupflanzen. Kritisiert wird hierbei, dass die Maße und Schonzeiten der Fische je nach Bundesland unterschiedlich sein können.

Wer in Deutschland einen Fisch über dem Mindestmaß zurücksetzt, befindet sich in einer Grauzone und verstößt schlimmstenfalls gegen das Tierschutzgesetz. Denn wer ganz ohne die Absicht ans Wasser fährt, Fische zu entnehmen, macht sich des `Angelns ohne vernünftigen Grund´ schuldig und das ist verboten.

Lob des Mittelmaßes

Einige Biologen, darunter Arlinghaus, sprechen sich daher für ein sogenanntes „Entnahmefenster“ aus. Hierbei muss der Angler, oder auch Berufsfischer, die größten Exemplare wieder schwimmen lassen. Gefangen werden darf also nur das Mittelmaß. Dies wird in Ländern, wie zum Beispiel Schweden, seit Jahren erfolgreich praktiziert.

Große, alte Weibchen können gerade in stark überfischten Gewässern „als Fruchtbarkeitsreserve dienen und für eine genügend hohe Zahl Eier sorgen“, erklärt Arlinghaus. So könnte noch der komplette Zusammenbruch eines Bestandes abgewendet werden. Auch der Laichort spielt eine wichtige Rolle, dieser fällt gerade bei großen Fischen häufig unterschiedlich aus. Somit können mehr Eier überleben.

Schlaue Altfische

Auch die Verhaltensweisen großer Fische haben einen großen Einfluss auf das Ökosystem. Durch Erfahrung und Argwohn haben es Ausnahme-Fische erst zu ihrer stattlichen Größe geschafft. Arlinghaus erläutert: „Kleine Fische lernen von großen“. Dies führt somit unweigerlich zu einer höheren Durchschnittsgröße im Gewässer.

Mehr Nahrung

Eine große Anzahl an Fischeiern und Fischlarven führt unweigerlich auch zu mehr Nahrung im Wasser- gerade für andere Fische. Junge Fische sind beispielsweise hocheffizient darin, Nahrung in Biomasse umzuwandeln. Somit bleibt mehr Energie in der Nahrungskette eines Ökosystems erhalten.

Wissenschaftlich belegt wurde durch die Studie, dass Großfische im Gewässer deutlich effizienter sind! Diese Studie kann für viele Angelvereine in Deutschland eine Anregung sein, Entnahmefenster einzuführen.

Die original Studie auf Englisch findet ihr unter folgendem Link: http://science.sciencemag.org/content/360/6389/642?utm_campaign=toc_sci-mag_2018-05-10&et_rid=17154793&et_cid=2025662

Eine Zusammenfassung des Tagesspiegels findet ihr hier.

Hier geht es zum Karpfenradio Spezial mit Prof. Dr. Robert Arlinghaus.

Und hier zum Videovortrag "Catch&Release - legal,illegal, fatal" von Robert Arlinghaus.

 

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