Deine Story
|
17.09.2019
Mario Kirstein: Als erster deutscher Angler am legendären Redmire Pool – Teil 2
2400 Kilometer, sechs durchquerte Länder und nur 48 Stunden Zeit – doch diese Hürden nahm Mario Kirstein gerne auf sich, schließlich wurde ihm als erster deutscher Karpfenangler die Ehre zu teil, den berühmten Redmire Pool in England zu beangeln. Guten Gewissens kann man dieses unscheinbare Gewässer als den Ursprung des Karpfenangelns in England beschreiben. Wie Mario die Session in England erlebte, berichtet er uns ausführlich in einem wirklich gelungenen Dreiteiler…Stalking Time mit UnterbrechungAls die Sonne kurz vor Mittag schon hoch am Himmel steht, ziehe ich mit Andy los, um am Ende im flachsten Teil des Sees einigen seiner Bewohnern nachzustellen. Andy und mich trennen etwa zwanzig Meter sowie einige Bäume und Büsche. Doch obwohl wir sehr vorsichtig bzw. leise vorgehen, gelingt es uns nicht, einen Fisch für unsere Köder zu interessieren. Was zu Hause oder in Videos oft so einfach erscheint, zeigt am Redmire Pool keine Wirkung. Es kommt mir vor, als wüssten die Fische schon, dass ich da bin, bevor ich überhaupt meinen Köder ausgeworfen habe. Plötzlich höre ich lautes Knacken, das Geräusch von trockenem Holz, das zerbricht, wenn man darauf tritt. Noch bevor ich mich fragen kann, warum Andy plötzlich so laut ist, rennt dieser an mir vorbei in Richtung seiner anderen Ruten. Mir ist sofort klar, dass es für seinen Sprint nur einen Grund geben kann: Der Funkreceiver in seiner Tasche hat offenbar den Biss eines Fisches signalisiert. Ich hole meinen Köder ein und folge ihm. Als ich kurz nach ihm an seinem Platz ankomme, steht Andy schon mit gekrümmter Rute in der Hand da und versucht, den Fisch aus einem der vielen Krautfelder zu bugsieren.Der erste EngländerEs gelingt ihm schließlich, den Fisch näher ans Ufer zu bringen. Ich kann sehen, wie sehr Andys Hände zittern. Schon bald erkennen wir den ersten Redmire Karpfen, der sich noch heftig dagegenstemmt, um vielleicht doch noch zu entkommen. Doch kurze Zeit später gibt er auf und ich keschere in einem Berg von Kraut den ersten Fisch unserer Redmire Pool Session. Völlig euphorisch klatschen wir uns ab. Andy lässt einen Schrei der Freude heraus. Das Adrenalin hat ihn nachvollziehbarerweise mächtig gepuscht, doch jetzt ist ihm klar, er hat seinen ersten Fisch. Harry und Matt sind inzwischen zu uns geeilt. Wir sind alle völlig geflasht! Obgleich wir zusammen schon unzählige Fische gefangen haben, wirkt es, als wären wir in diesem Moment ein wenig überfordert.Die Waage zeigt schließlich 19lbs 14oz (circa 8,7 Kilo). Obwohl der Fisch somit knapp die erste magische Grenze in England verfehlt, ist Andy überglücklich. Es dauert noch einige Zeit, bis wir uns alle wieder gesammelt haben. Unsere Motivation ist nochmal gestiegen. Die Hoffnung, dass es tatsächlich klappen könnte, wächst nach diesem Erfolg auch bei allen anderen.Zickige KarpfenZuversichtlich mache ich mich wieder auf den Weg zu meiner Stalking-Rute. Es sind zwar nur noch ein paar wenige Fische da, aber hoffnungsvoll werfe ich vorsichtig meinen Köder ins Wasser. Doch erneut muss ich feststellen, dass mir die Karpfen wieder einen Schritt voraus sind. Unmittelbar nach dem Auswurf ziehen diese langsam aus der Ecke heraus und verschwinden schließlich im tieferen Wasser. Ich warte noch eine gute Viertelstunde, da ich aber keinen Fisch mehr sehen kann, beschließe ich, mein Glück woanders zu versuchen.Ich traue meinen Augen kaum, als ich an Ands Bivvy vorbeilaufe und sehe, dass dieser über seinen Kescher gebeugt steht. Als er mich wahrnimmt, dreht er sich mit einem breiten Grinsen um und ich höre, was ich bereits vermutet hatte: „I got another one!“ Zwar habe ich zuvor einige Male ein lautes Platschen wahrgenommen, doch glaubte ich, es handle sich um ein paar Fische, die sich lebensfroh an der Oberfläche wälzen. Natürlich gratuliere ich Andy sofort, der diesmal nur unwesentlich weniger zittert als zuvor. Unfassbar, dass er innerhalb einer halben Stunde zwei der legendären Redmire Karpfen fangen konnte.Vater und Sohn im DoppeldrillIch mache ein paar Schritte zurück, um meine Sachen abstellen zu können, da ich Andy zur Hand gehen will. Während ich das tue, sehe ich etwa 50m entfernt Harry aufgeregt winken. Er wird doch nicht etwa auch? Doch, er wird und er hat, wie sich kurz darauf herausstellt. Ich kann gar nicht glauben, dass Vater und Sohn gerade gleichzeitig einen Fisch aus diesem so schwierigen Gewässer gefangen haben. Inzwischen rennen wir alle vier sehr aufgeregt hin und her. Als wir uns ein wenig beruhigt haben, folgt eine denkwürdige Fotosession am Bootshaus an der Andys Schuppenkarpfen von 14lbs 8oz und Harrys Zeilkarpfen von 16 lbs 4oz teilnehmen.Nie zuvor habe ich in der jüngeren Vergangenheit ein Bild von zwei Anglern mit je einem Fisch, nahezu zeitgleich gefangen am Redmire Pool, gesehen. Ich habe zum gefühlt tausendsten Mal eine Gänsehaut. Während wir die Fische anschließend in ihre verdiente Freiheit entlassen, piepst es auf einmal und dann nochmal und schließlich rennt Harry los. Matt und ich schauen uns an, können es nicht fassen. Harry kämpft kurze Zeit später ebenfalls mit seinem zweiten Redmire Karpfen, der dann auch den Weg in den Kescher findet. Als ich einen Blick hineinwerfe, kann ich kaum glauben, dass Harry gerade seinen zweiten Zeilenkarpfen gefangen hat. Ein makelloser Fisch mit 14lbs 12 oz.Vier Fische innerhalb einer Stunde Ich muss mich tatsächlich erst einmal sammeln, als ich mich auf meine Liege setzte und darüber nachdenke, was hier gerade passiert ist. Vier Fische innerhalb einer guten Stunde aus einem der wohl am schwersten zu beangelnden Gewässer dieses Planeten. Zum inzwischen sicher hundertsten Male spüre ich die Magie dieses Ortes. Ich bin froh und glücklich, dieses Erlebnis mit meinen Freunden teilen zu können.Da inzwischen einige Wolken aufgezogen sind, entschließe ich mich zunächst einmal, meine Ruten für die bevorstehende Nacht fertig zu machen. Ich ändere einige Kleinigkeiten, außerdem mache mich auf die Suche nach ein paar neuen vielversprechenden Plätzen. Die Suche ist aufgrund des vielen Krautes, das im See wächst, nicht ganz so einfach. Zwar will ich nicht unnötig oft meine Angel auswerfen, doch wenn ich eine Chance auf einen Fisch haben will, muss ich eine krautfreie Stelle finden. Ich werfe sicher 15 Mal und ärgere mich ein wenig, weil ich so viel Unruhe verbreite, doch schließlich finde ich, wonach ich gesucht habe. Glücklicherweise gestaltet sich die Suche nach Hotspots bei den anderen Ruten nicht ganz so aufwendig, so dass ich mich ein wenig später zufrieden in meinen Stuhl setzen kann.Oberflächen-Action am RedmireIch bin gerade wieder in einer anderen Welt, als Andy zügig um die Ecke kommt und berichtet, dass er kurz zuvor ein paar Fischen einige Hundeflocken angeboten hat und diese sofort arglos angefangen haben zu fressen. Wir beschließen sofort, einen Versuch zu unternehmen. Bei Andy stellen wir unsere Ausrüstung zusammen.Als ich gerade meine Rute in die Hand nehmen will, vernehme ich ein erstes akustisches Signal aus meiner Hosentasche, dann ein zweites, ein drittes und schließlich wird aus den einzelnen Piepsern ein dauerhafter Pfeifton. Ich weiß sofort, was das bedeutet und renne los. Es sind nur etwa 20m zwischen Andys und meinem Platz. Als ich um die Ecke biege, sehe ich das, was jeder Karpfenangler sehen will. Meine Rute liegt gekrümmt auf meinen Rutenhaltern und der Fisch am anderen Ende zieht sehr schnell Schnur von der Rolle. Ich nehme die Rute auf und fühle meinen Gegenüber sofort. Kein Zweifel, ich habe einen Redmire Karpfen an der Angel. Ich merke, wie ich anfange zu zittern und versuche tief durchzuatmen und cool zu bleiben, schließlich habe ich dieses Szenario schon mehr als tausendmal erlebt. Doch es gelingt mir nur sehr begrenzt. Mir ist bewusst, wo ich bin und dass ich gerade tatsächlich einen dieser legendären Fische an der Angel habe. Ich hoffe und bete, dass der Haken vernünftig sitzt und der Fisch nicht in eines der Krautfelder zieht.Mein erster Redmire KarpfenInzwischen ist Andy an meiner Seite. Er kann seine Vorfreude für mich kaum zügeln und hält sich sofort mit dem Kescher bereit. So langsam gewinne ich Meter für Meter meiner Schnur zurück. Da mein Platz sehr mit Schilf zugewachsen ist, kann ich jedoch kaum sehen, was am anderen Ende der Leine passiert.Dann taucht er das erste Mal an der Oberfläche auf. Für einen kurzen Moment kann ich ihn erblicken, doch dann verschwindet er wieder und ich verliere ihn aus den Augen. Erneut kommt der Fisch an die Oberfläche. Da ich ihn aufgrund des Schilfs nur hören, aber nicht sehen kann, gibt Andy mir Anweisung, etwas zurückzugehen. Der erste Versuch, ihn zu keschern, schlägt fehl, weil der Fisch sich nicht geschlagen geben will. Horrorszenarien spielen sich in meinem Kopf ab. Noch einmal taucht er ab. Beim zweiten Anlauf jedoch höre ich Andy sagen: „He´s done!“ Einen Augenblick später gleitet er über den Kescherrand und verschwindet in meinem Netz.Wie die Session am Redmire Pool zu Ende geht, erfahrt ihr morgen im dritten Teil. Den ersten Teil von Mario's Story findet ihr hier:https://www.carpzilla.de/mag/deine-story/mario-kirstein-als-erster-deutscher-angler-am-legendaeren-redmire-pool-teil-1-13095.html